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Der Rappenalpbach
(Bildquelle: Udo Schmitz)
 
Oberallgäu - Oberstdorf
Freitag, 20. Januar 2023
Ein Bericht von Eva Veit

Rappenalptal: Landratsamt hat laut Verwaltungsgericht Fehler gemacht

Wende im Umweltskandal im Rappenalptal bei Oberstdorf: Laut dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hat das Landratsamt Oberallgäu Fehler gemacht. Unter anderem sei der Mitarbeiter bei einem Vor-Ort-Termin nicht für einen Gewässerausbau zuständig gewesen, die Alpgenossenschaft habe in der Annahme gehandelt, dass die Baumaßnahmen genehmigt seien. Das Landratsamt zeigt sich in einer ersten Stellungnahme "verwundert" über die Entscheidung.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das Beschwerdeverfahren zum Rappenalpbach mit Beschluss vom 18. Januar 2023 ohne Entscheidung zur Sache eingestellt. Der Beschluss liegt AllgäuHIT vor. Gegenstand der Beschwerde war der Bescheid des Landratsamtes vom 22. November 2022, mit dem die Alpgenossenschaft aufgefordert wurde, bis zum 27. Dezember 2022 eine Vermessung des betroffenen Bachabschnitts sowie punktuelle Dammöffnungen vorzunehmen. Das Verwaltungsgericht Augsburg hatte diesen Eilantrag abgelehnt.

Da das Landratsamt Oberallgäu bzw. der Freistaat Bayern die Maßnahmen inzwischen selbst vorgenommen hat, wurde das Beschwerdeverfahren für erledigt erklärt und eingestellt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Freistaat Bayern, weil die Beschwerde "auf Grund formeller und inhaltlicher Mängel des Bescheids vom 22. November 2022 voraussichtlich erfolgreich gewesen wäre", so die Stellungnahme des Verwaltungsgerichtshofes.

Hintergrund

Nach einem Starkregenereignis am 19. August 2022 fand am 30. August 2022 eine Ortsbegehung der von dem Ereignis betroffenen Rappenalpe  statt, bei der ein Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts zusammen mit einem Vertreter der Alpgenossenschaft Maßnahmen zur Beseitigung der Unwetterschäden im Bereich des Rappenalpbachs besprach. Über die Ortsbegehung fertigte der Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde am selben Tag ein mit „Aktenvermerk“ überschriebenes Schreiben, das per E-Mail an die Familie des Vertreters der Alpgenossenschaft adressiert war. In dem Aktenvermerk werden die Planungen der Alpgenossenschaft (Modellierung des Flussbettes mit einem Bagger; Herstellung eines Trapezprofils) geschildert. Die Maßnahme wird als „naturschutzfachlich wünschenswert“ eingeschätzt. Die Arbeiten sollten frühestens am 2. September beginnen und mit Fotos dokumentiert werden, die ans Landratsamt geschickt werden sollten.

Mehr dazu hier.

Am 26. September 2022 begann die Alpgenossenschaft nach eigenen Angaben mit der Ausführung der abgesprochenen Maßnahmen. Fotoaufnahmen der Baggerarbeiten erhielt das Landratsamt am 6. Oktober 2022. Bei einem gemeinsamen Ortstermin am 25. Oktober 2022 mit einem Vertreter der Alpgenossenschaft und Vertretern des Wasserwirtschaftsamts, des Marktes Oberstdorf und des Landratsamtes wurde festgestellt, dass die Arbeiten am Rappenalpbachs abgeschlossen seien. Der sich vorher verzweigende und mäandrierende Gewässerlauf ist nunmehr auf einer Länge von 1,6 km als durchgehende Rinne ausgestaltet. 

Da die Maßnahmen keineswegs den eigentlichen naturschutzrechtlichen Vorgaben entsprachen gab es in der Folge einen öffentlichen Diskurs und große Aufregung. Der ursprüngliche Zustand sollte wieder hergestellt werden, die aufgeschütteten Dämme abgetragen, da hierdurch der Hochwasserschutz nicht mehr gewährleistet ist. Das Landratsamt erlegte der Alpgenossenschaft nun auf, entsprechende Vermessungsarbeiten sowie eine Durchstechung der Dämme vorzunehmen. Gegen diesen Bescheid legte die Alpgenossenschaft einen Eilantrag ein, der vom Verwaltungsgericht Augsburg abgelehnt wurde. Das Landratsamt gab in der Folge die Arbeiten selbst in Auftrag. 

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof: Bescheid des Landratsamtes war fehlerhaft

Das Beschwerdeverfahren der Alpgenossenschaft lief jedoch weiter und landete am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München. Am 18. Januar 2023 stellte der Verwaltungsgerichtshof nun das Beschwerdeverfahren ein, da die Arbeiten ja inzwischen erledigt sind. Allerdings, so urteilten die Richter, soll der Freistaat Bayern die Kosten des Verfahrens tragen, da der Bescheid des Landratsamtes aus dem November 2022 aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofes fehlerhaft war. "Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ist der Bescheid aller Voraussicht nach rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten. In formeller Hinsicht fehlt es wahrscheinlich an der vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts erforderlichen Anhörung der betroffenen Antragstellerin", heißt es in der Stellungnahme.

Maßnahmen waren illegal

Weiter urteilt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dass die Arbeiten der Alpgenossenschaft "formell illegal" waren, da sie "einen planfeststellungsbedürftigen Gewässerausbau darstellen dürften" und die Alpgenossenschaft "voraussichtlich nicht in Besitz einer entsprechenden, das Vorhaben legalisierenden Genehmigung ist". Auch dürfte der Aktenvermerk, der per E-Mail versandt wurde, nicht als wasserrechtliche Plangenehmigung auszulegen sein.

Alpgenossenschaft ging davon aus, dass die Arbeiten genehmigt seien

Ebenso, so der Bayerische Verwaltungsgerichthof, sei nicht die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt, sondern die Untere Wasserrechtsbehörde für eine entsprechende Genehmigung zuständig. Der Mitarbeiter des Landratsamtes, der bei dem Vor-Ort-Termin dabei war, sei also gar nicht zuständig gewesen. "Allerdings gingen die Beteiligten offensichtlich selbst nicht davon aus, dass damit eine wasserrechtliche Plangenehmigung erteilt werden sollte. Sie waren sich vielmehr einig, dass es sich bei den besprochenen Arbeiten um genehmigungsfreie Gewässerunterhaltungsmaßnahmen handelt", heißt es in der Begründung weiter. Dass der Mitarbeiter gar nicht zuständig war, sei für die Genossenschaft nicht erkennbar gewesen.

Da im Aktenvermerk eindeutig zu lesen sei, dass die geplanten Maßnahmen wünschenswert sind und die Arbeiten beginnen dürfen, sei die Alpgenossenschaft davon ausgegangen, dass sie die Arbeiten ohne weitere Genehmigungen durchführen dürfe, so die Stellungnahme weiter. 

Behörde hätte sich selbst vor Ort ein Bild machen müssen

"Die zuständige Gewässeraufsichtsbehörde hat es versäumt, die bei der Ortsbesichtigung am 30. August 2022 durch einen unzuständigen Mitarbeiter zugestandenen Gewässermaßnahmen durch rechtzeitige Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen unmittelbar vor Ort zu beenden. Gegen die Schaffung eines Vertrauenstatbestands spricht auch nicht die Tatsache, dass die Antragstellerin möglicherweise den vom Mitarbeiter der Naturschutzbehörde am 6. Oktober 2022 telefonisch ausgesprochenen – von ihr bestrittenen – Baustopp der Baggerarbeiten nicht beachtet hat. Lässt sich auf Fotos ein derartiges Ausmaß eines Umweltschadens erkennen, wird ein Einschreiten mittels einfachen Telefonanrufs der gewässeraufsichtlichen Verpflichtung zur Überwachung nicht gerecht. In einem solchen Fall ist die Behörde gehalten, sich unverzüglich vor Ort ein Bild zu machen und alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um den Schaden möglichst geringzuhalten. Dies gilt umso mehr, wenn Vereinbarungen mit dem Vorhabenträger (wie hier die rechtzeitige Übersendung der Fotos) nicht eingehalten wurden", so das Gericht weiter.

Landrätin zeigt sich überrascht und verwundert

"In seiner Entscheidung vom 18. Januar 2023 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Eilverfahren eingestellt und eine Entscheidung über die Gerichts- und Anwaltskosten getroffen. Die Kosten wurden dem Freistaat Bayern auferlegt. Das hat uns überrascht und verwundert. Wir haben fest mit einer anderen Einschätzung der Lage gerechnet", so Landrätin Indra Baier-Müller in einer Stellungnahme des Landratsamtes. 

Zu beachten und für das Landratsamt wesentlich sei jedoch, dass es sich bei dieser Entscheidung um eine überschlägige, summarische Prüfung im Rahmen der Kostenentscheidung handele. Das Verfahren in der Hauptsache stehe noch aus. Erst dort würden die Tatsachen und Sachverhalte vertieft geprüft, Zeugen vernommen und die schwierigen Rechtsfragen intensiv beleuchtet.

"Im Hinblick auf die bevorstehenden Beweiserhebungen und Zeugenvernehmungen im Hauptverfahren sind wir zuversichtlich, dass wir die gängige Einschätzung, dass es sich bei den Maßnahmen im Rappenalptal um einen nicht genehmigten Gewässerausbau handelt, vor Ort aber nur punktuelle Unterhaltungsmaßnahmen zur Schadensbeseitigung besprochen wurden, weiter untermauern können." Die Einschätzung, dass der Aktenvermerk weder eine Genehmigung darstellt noch als Genehmigung auszulegen ist, habe im Übrigen auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geteilt.

Dass die untere Naturschutzbehörde des Landratsamts für eine naturschutzfachliche Beratung zu nicht genehmigungspflichtigen, punktuellen Unterhaltungsmaßnahmen zuständig ist, dürfte zudem unstreitig sein.

"Abgesehen von allen formaljuristischen Überlegungen ist vor allem eines festzuhalten: Im Hinblick auf den bevorstehenden Winter haben wir zum Zeitpunkt der Dammöffnung die dringende Notwendigkeit gesehen, die Unterlieger des Rappenalpbaches vor einem etwaigen Hochwasser zu schützen!"


Tags:
allgäu rappenalptal landratsamt


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