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Sendung: Der AllgäuHIT-MIX
 
 
Symbolbild Eiche
(Bildquelle: AllgäuHIT)
 
Bodensee - Lindau
Dienstag, 27. Februar 2018

Baumfällungen im Landschaftsschutzgebiet in Lindau

 Eiskaltes Kalkül von Stadt und Investor hat den dicken alten Eichen auf der Südseite des Eichwaldbades und weiteren Bäumen ein schnelles Ende bereitet.  

Erst zeigte man sich „kooperativ“ – die Baugenehmigung für die neue Therme werde den Klägern unverzüglich, zeitgleich wie dem Investor, über den städtischen Anwalt zugestellt. Am letzten Freitagnachmittag konnte in der Stadtverwaltung niemand Auskunft geben, wann das sein könnte. Tatsache ist, dass die Stadt außerhalb der offiziellen Dienstzeiten diese Baugenehmigung nur dem Investor am Samstagmorgen um 7 Uhr zugestellt hat. Die Weiterleitung der Baugenehmigung erfolgte erst am Sonntagabend um ca. 19 Uhr auf die allgemeine E-Mail Adresse der Kanzlei der Kläger!

Der Investor nutzte diesen Zeitvorsprung und ließ die Motorsägen und Bagger am Samstagmorgen um 7 Uhr in Aktion treten. Unter massivem Aufgebot von Polizei und Sicherheitsdienst waren nach einer halben Stunde bereits die stattlichen ca. 100-jährigen Eichen auf der ehemaligen Liegewiese gefällt. Damit waren die schützenswertesten Bäume der Fällliste in Windeseile und zuallererst am Boden. Dass die Kläger derweil versuchten, die Aktion mit einer einstweiligen Verfügung per Eilantrag zu stoppen, ließ die Exekutive unberührt. Die Anwältin des BN und die Richterin am Verwaltungsgericht in Augsburg waren eigentlich recht schnell: kurz vor 10 Uhr – nach nicht einmal 3 Stunden - wurden die Arbeiten dann vorläufig eingestellt, aufgrund einer Vereinbarung zwischen Stadt Lindau und Gericht. Leider aber zu spät für die meisten Bäume. Wenn der BUND Naturschutz ordnungsgemäß informiert worden und nicht auf diese Weise ausgetrickst worden wäre, hätten die Hauruck-Fällungen vermieden werden können. Eine richterliche Entscheidung hätte dann in aller Ruhe getroffen werden können.

Rechtsmittel sind Instrumente der Demokratie und keine „nachträglichen Störfeuer“, wie es OB Gerhard Ecker in seiner Rubrik „Auf ein Wort“ in der Bürgerzeitung schreibt. Rechtsmittel können erst eingelegt werden, wenn die entsprechenden Grundlagen, in diesem Fall eine Baugenehmigung, vorliegen. Deshalb konnte der BN gar keine Klage im Vorfeld vor Erteilung der Baugenehmigung einreichen. „Es wundert uns schon sehr, dass uns dies immer wieder vorgehalten wird, obwohl es genügend juristischen Sachverstand im Stadtrat und in der Stadtverwaltung gibt“, so Erich Jörg, Kreisvorsitzender des BN. Gelebte Demokratie wäre gewesen, in dem Wissen, dass diese Rechtsmittel hier eingelegt werden, abzuwarten, ob die Fällungen auch nach Entscheidung über den Eilantrag noch rechtens sind. Aber Bauherr und Stadtverwaltung waren schnell geschaffene Tatsachen wichtiger, als ein fairer Ablauf. Im Gegensatz dazu hatte der BN stets mit offenen Karten gespielt und mit der Klageabsicht nicht hinter dem Berg gehalten. Dass die Baugenehmigung erst so kurz vor dem Ende der erlaubten Baumfällzeiten ausgesprochen wurde, liegt nicht in der Verantwortung der Kreisgruppe. Die Klageabsicht war ja seit der außerordentlichen Mitgliedsversammlung im August letzten Jahres bekannt, in welcher eine große Mehrheit der BN-Mitglieder eine Klage befürwortete. Die Fällungen vor der Entscheidung über den Eilantrag stellt verfahrensrechtlich ein unmögliches Verhalten dar, durch das der Rechtsschutz der Betroffenen schlichtweg ausgehebelt wurde. Das Rechtsstaatsprinzip und der Grundsatz des gesetzmäßigen Verhaltens der Verwaltung hätte es der Stadt geboten, den betroffenen Bürgern und dem BN die Möglichkeit zu geben, gerichtlich klären zu lassen, ob die Bäume gefällt hätten werden dürfen. Die Umgehung dieser Grundsätze stellt ein rechtswidriges Handeln dar.

Was noch zu denken gibt: Bei diesem unglaublichen Polizeiaufgebot und dem in großer Mannschaftsstärke aufgetretenem Sicherheitsdienst muss man sich fragen, wovor Stadt und Bauherr eigentlich Angst hatten. „Als kritische Bürgerin kam ich mir gleich kriminalisiert vor und fühlte mich an die Zustände von Wackersdorf erinnert“, so BN-Mitglied Isolde Milller, die als Augenzeugin vor Ort war., Wer kommt für die Kosten dieses enormen Polizeiaufgebots auft, der Investor oder der Steuerzahler?. „Wir haben niemals Anlass für die Vermutung gegeben, dass wir eine illegale Aktion planen. Deshalb ist uns dieser massive Polizeieinsatz vollkommen unverständlich.“, so Erich Jörg von der BN-Kreisgruppe Lindau. Leider ist das Landschaftsbild im amtlichen Landschaftsschutzgebiet im Strandbad Eichwald durch den Verlust der mächtigen Eichen auf der ehemaligen Liegewiese nachhaltig geschädigt. Hier muss sich das Landratsamt fragen lassen, welchen Wert ein Landschaftsschutzgebiet noch hat, wenn solche Maßnahmen möglich sind.

Es ging dem BN jedoch nicht nur um die Eichen: Der Schutz von Landschaftsschutzgebieten und Natura 2000-Gebieten sowie die negativen Auswirkungen solcher Großprojekte darauf stehen weiterhin im Vordergrund. Deshalb wird die Kreisgruppe Lindau des BN ein Normenkontrollverfahren beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München anstrengen. Man darf sehr gespannt sein, wie die Gerichte in Augsburg und München entscheiden werden, wie viel der Landschaftsschutz angesichts der herrschenden Bauwut noch wert ist. Welchen Sinn und Zweck haben dann noch Landschaftsschutzgebiete, wenn ein Großinvestor ein Projekt in diesem Ausmaß direkt am geschützten Bodenseeufer platzieren darf. Die Antwort darauf hat Auswirkungen auf ganz Bayern! (PM)

 

Hintergrundinformation: Bund Naturschutz

Der BN ist mit über 230.000 Mitgliedern der größte Natur- und Umweltschutzverband Bayerns. Er setzt sich für unsere Heimat und eine gesunde Zukunft unserer Kinder ein – bayernweit und direkt vor Ort. Und das seit fast 100 Jahren. Der BN ist darüber hinaus starker Partner im deutschen und weltweiten Naturschutz. Als Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) ist der BN Teil des weltweiten Umweltschutz-Netzwerkes Friends of the Earth International. Als starker und finanziell unabhängiger Verband ist der BN in der Lage, seine Umwelt- und Naturschutzpositionen in Gesellschaft und Politik umzusetzen.

 


Tags:
landschaftsschutzgebiet baumfällung normenkontrollverfahren allgäu


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