Milchpulver-Sprühaktion: Zeichen an die Agrarminister
Anlässlich einer Sonderagrarministerkonferenz der Agrarminister von Bund und Ländern mit den beiden EU-Kommissaren für Agrar und Umwelt am 28. Mai und noch vor dem Tag der Milch am 1. Juni setzen die Milchviehhalter mit einer großen Milchpulver-Sprühaktion am 27. Mai in Kempten ein deutliches, bildhaftes Ausrufezeichen in Richtung der Agrarminister von Bund und Ländern: Ihr verpulvert unser Geld, unsere Betriebe und unsere Zukunft! Wir nehmen Abstand von einer Milchmarktpolitik ohne sinnvolles Krisenmanagement, die die Milchviehbetriebe schwächt, während gleichzeitig die umweltpolitischen Anforderungen an die Betriebe kontinuierlich steigen.
Gleichzeitig bildet die Milchpulver-Sprüh-Aktion den Abschluss zur „Milchpyramiden-Tour“, mit der die Milchviehhalter des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. vom 7. bis 19. Mai in zahlreichen Landeshauptstädten und in Berlin forderten, EU-weit Milchüberschüsse zu reduzieren statt Milchpulver, Käse und Butter einzulagern.
Diese Forderung verdeutlichten die Milchviehhalter im Rahmen der Milchpyramiden-Tour mit einer 2 m hohen Pyramide aus über 300 Milchpulversäcken. 13 Traktoren stellvertretend für 13 Bundesländer und 1 Traktor für Europa bildeten in Kempten nun den Rahmen für die Milchpulver-Sprühaktion – verbunden mit der Aufforderung an die Länderagrarminister, aus Deutschland ein deutliches Zeichen an die EU-Kommissare zu senden, dass endlich die juristischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass im Falle einer verschärften Marktkrise (wie der aktuellen Pandemie) zeitlich befristet eine EU-weite, verbindliche Reduzierung von Milchüberschüssen ermöglicht wird.
Der Milchmarkt ist weiterhin massiv unter Druck und die Prognosen von Marktexperten sowie auch die Börsenmilchwerte lassen eine weitere Verschlechterung der Milchmarktsituation für die kommenden Monate erwarten. Die EU-Kommission reagierte auf Druck der Milchindustrie und der Bundesregierung mit der Öffnung der Privaten Lagerhaltung, gleichzeitig setzt die Bundesregierung nach wie vor Vertrauen in die Selbstheilungskräfte der Märkte durch Molkerei(Insel-)lösungen.
„Diese Krisenmaßnahmen sind in einem globalen Markt nicht nur unzureichend, sie dienen in erster Linie den Interessen der Ernährungsindustrie und passen überdies nicht mit den Zielen und Vorgaben zusammen, die nun im Zuge der Farm-to-Fork-Strategie veröffentlicht wurden“, kritisiert BDM-Vorsitzender Stefan Mann. „Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, die landwirtschaftlichen Betriebe zu stärken und resilient zu machen, um sie leistungsfähig für die Herausforderungen der Zukunft zu machen. Was mit der einseitigen Ausrichtung der Agrarmarktpolitik und möglicher Krisenmaßnahmen auf die Interessen der Ernährungsindustrie einhergeht, ist das Gegenteil. Es lastet – wie das Bundeskartellamt bereits festgestellt hat - Marktrisiken einseitig den Bauern an und schwächt sie massiv. Wir brauchen im Zuge der Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik wirklich tiefgreifende Veränderungen – eine wichtige Basis dafür ist ein wirkungsvolles Krisenmanagement, um nicht weiter eine Vielfalt an eigentlich leistungsfähigen Betrieben zu verlieren. Wie wichtig eine flächendeckende, vielfältige, regional verankerte Landwirtschaft ist, hat uns spätestens die Corona-Krise vor Augen geführt. Jetzt ist es an der Zeit, den Sonntagsreden auch entsprechende Taten folgen zu lassen. Wertschätzung erweist den Milchviehhalterinnen und Milchviehhaltern, wer ihre Forderungen und Anliegen ernst nimmt und nicht, wer ihnen publicity-tauglich Beifall klatscht.“
„Was wir aktuell brauchen, ist eine zeitlich befristete, verbindliche EU-weite Reduzierung der Milchüberschüsse, um schnell und wirksam massive Wertschöpfungsverluste für die Milchviehhalter verhindern zu können. Für die Umsetzung einer derartigen Maßnahme müssen schnellstmöglich die juristischen Voraussetzungen geschaffen werden“, erklärt Stefan Mann. „Es ist ökonomisch und ökologisch völliger Blödsinn, nicht nachgefragte Mengen erst zu produzieren und dann mit öffentlichen Geldern finanziert einzulagern. Das sichert den Molkereien billigen Rohstoff über die Krise hinaus, den Milchviehhaltern fällt es hingegen massiv auf die Füße. Ein Vorgehen, das auf die moralische Verantwortung des Einzelnen oder freiwillige Branchenlösungen setzt, ist nicht schnell und wirksam genug. Schnelligkeit und Marktwirksamkeit aber müssen die oberste Prämisse des Handelns in dieser unverhofft und massiv eintretenden Marktverschärfung sein. Wir brauchen außerdem ganz klar ein europäisches Vorgehen, um den globalen Milchmarkt zu entlasten. Es braucht ein organisiertes Handeln, damit das gesamtwirtschaftlich sinnvolle Verhalten vieler Milchviehbetriebe nicht durch Mengenausweitungen Einzelner unterlaufen werden kann, die dann auch noch von der Disziplin der anderen profitieren.“
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