In der Allgäu-Bodensee-Region kämpfen die Unternehmen zur Zeit ums nackte Überleben. Immer wieder gibt es Meldungen, dass staatliche Hilfen verspätet ausbezahlt werden, oder sogar ganz entfallen. Die Insolvenz droht bei vielen. Wenn man sich nun aber einen aktuellen Bericht des Bayerischen Landesamt für Statistik ansieht, dann fällt auf, dass die Insolvenzanmeldungen für 2020 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich niedriger sind. Diesen Zusammenhang erklärte Dr. Raimund Rödel, der Sachgebietsleiter vom Statistischen Landesamt in Fürth, im Interview mit Radio AllgäuHIT.
Radio AllgäuHIT: Wie haben sich die Insolvenzen im Jahr 2020 entwickelt?
Dr. Raimund Rödel: "Wir haben mit dem Beginn der Pandemie einen sehr deutlichen Rückgang in Bayern und auch im Allgäu beobachten können. Der damit zu erklären ist, dass es ein Gesetz gibt, nämlich das "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Coronapandemie" im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht. Das hat dazu geführt, dass Insolvenzanträge erst wieder ab dem 1. Oktober 2020 einzureichen sind, wenn es sich um den Insolvenzgrund "Zahlungsunfähigkeit" handelt. Wenn es sich um eine Überschuldung handelt gilt hier sogar der 1. Januar 2021."
Radio AllgäuHIT: Im Vergleich liegt man dabei aber weit unter den Werten der Vorjahre. Wie kommt das?
Dr. Raimund Rödel: "Die Werte gingen deshalb zurück, weil es das eben angesprochene Gesetz gab. So sollten die Folgen der Coronapandemie gemildert werden. Die Verbraucherinsolvenzen; also der zweite Teil der Insolvenzverfahren, die ebenfalls zurückgegangen sind; wurden durch ein weiteres Gesetz unterstützt. Erst vor kurzem wurde das Gesetz zur "Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens" verabschiedet. Das hat dazu geführt, dass versucht wurde Verbraucherinsolvenzverfahren möglichst zu verzögern, um in den Genuss der verkürzten Restschuldbefreiungsphase zu gelangen."
Radio AllgäuHIT: Was kann man dann für 2021 erwarten?
Dr. Raimund Rödel: "Natürlich kann ich jetzt keine genaue Zahl sagen wie viele Insolvenzverfahren in den kommenden Monaten genau beantragt werden. Dass diese Verfahren inzwischen wieder bei den Gerichten einlaufen, das sieht man daran; wenn man in die Insolvenzbekanntmachungen, die die Gerichte veröffentlichen, mal überschlägig reinschaut und prüft; wie viele vorläufige Insolvenzverfahren es gibt. Die sind soweit noch nicht in den normalen Gerichtsverlauf eingelaufen und gelten somit auch noch nicht als angemeldet. Wie viele das dann genau sein werden, das werden wir erst im nächsten Jahr sehen, aber es wird nicht auf diesem niedrigen Level bleiben. Das können wir mit Sicherheit so sagen, da braucht man noch nicht einmal eine Glaskugel.