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Sendung: Der AllgäuHIT-MIX
 
 
Dr. Konstanze Koepff-Röhrs
(Bildquelle: AllgäuHIT | Eva Veit)
 
Oberallgäu - Sonthofen
Montag, 7. März 2022
Ein Bericht von Eva Veit

Dr. Konstanze Koepff-Röhrs im AllgäuHIT SonnTalk

Im AllgäuHIT SonnTalk hat Ingrid Reitenbach am Sonntag mit Dr. Konstanze Koepff-Röhrs gesprochen. Die ehemalige Geschäftsführerin der Dr. Werner Röhrs GmbH & Co. KG in Sonthofen erzählte dort über ihr Leben als Mutter und Unternehmerin, ihr Leben als Spitzensportlerin, die Rolle der Frau in der Gesellschaft und sprach auch über die aktuelle Lage.

„Ich blicke auf ein sehr ausgefülltes Leben zurück, das mir viele Chancen und Möglichkeiten gegeben hat“, sagt Dr. Konstanze Koepff-Röhrs: Eine glückliche Kindheit, eine schöne Schulzeit gefüllt mit Leistungssport als Skirennläuferin inklusive Olympia-Nominierung, eine glückliche Ehe und Hausfrauenzeit und eine anstrengende, aber erfolgreiche Unternehmerinnenzeit.

Vom Flüchtlingskind zur Unternehmertochter in Sonthofen

„Ich erinnere mich noch sehr gut an die Erzählungen meiner Eltern, auch wenn ich mich natürlich nicht mehr an die Flucht selber erinnere. Mein Vater hatte zwei Federfabriken, eine in Magdeburg und eine in Quedlinburg, wo ich auch geboren wurde. 1944 war Quedlinburg englisch besetzt. Als meine Eltern vermuteten, dass die russische Besetzung kommen würde, haben sie alles stehen und liegen lassen und sind mit nichts als mir in ihrem Auto Richtung Westen ins Allgäu geflohen“, erzählt Dr. Konstanze Koepff-Röhrs im AllgäuHIT SonnTalk. In Oberjoch kam die junge Familie in einem kleinen Blockhaus unter. Ihr Großvater, ein Verleger aus München und Hotelbesitzer in Oberjoch, hatte dies organisiert.

„In diesem kleinen Blockhaus habe ich meine ersten fünf Lebensjahre verbracht, und das waren mit die glücklichsten Jahre meines Lebens!“, erinnert sie sich. „Weil Kinder immer aus der Situation das Beste machen und eigentlich überall glücklich sind, wenn es nicht mit Beschuss, Krankheit, Angst oder Schmerzen verbunden ist!“

Von Oberjoch aus baute ihr Vater die erste kleine Firma in Blaichach auf. Danach mietete er in der ehemaligen Artilleriekaserne in Sonthofen Räumlichkeiten. „Wir sind dann von Oberjoch nach Sonthofen umgezogen, und mein Vater hat in der Artilleriekaserne eine Firma aufgebaut und dort die ersten Produkte produziert. Keine Federn sondern Produkte, die man damals einfach brauchte, zum Beispiel Schweißapparate.“ In der Zwischenzeit hatte Deutschland den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg gemeistert und befand sich mitten im „Wirtschaftswunder“.

Nun sollte die Bundeswehr aufgebaut werden, auch Sonthofen sollte wieder Garnison werden, und der Staat kündigte den Mietvertrag von Dr. Werner Röhrs, dem Vater von Dr. Konstanze Koepff-Röhrs, für die Räumlichkeiten in der Artilleriekaserne, wo er seine Fabrik aufgebaut hatte. Ein neues Grundstück fand er dann im Süden von Sonthofen, wo die Firma Röhrs noch heute ihren Sitz hat. „Das war dann quasi ein zweiter Aufbau von Null, der genauso hart war wie der erste“, erinnert sich Dr. Konstanze Koeppff-Röhrs. „Ich bin sehr stolz dass ich diese Firma lange Jahre führen durfte!“ Am neuen Standort wurden nun auch wieder schwingungsbeanspruchte Federn hergestellt.

Die Dr. Werner Röhrs GmbH & Co. KG ist noch heute einer der größten Arbeitgeber im südlichen Oberallgäu.

Vom Einstieg ins Unternehmen bis zur Unternehmensleitung

„Ich habe die schwere Zeit des Aufbaus des Unternehmens durch meine Eltern mitbekommen und es war mir früh klar, dass ich dort auch irgendeinmal Verantwortung übernehme“, so Dr. Konstanze Koepff-Röhrs. Ihr Vater, so sagt ihr, sei sehr zukunftsorientiert gewesen. „Er hat zu mir gesagt, Kind, ich kann dir im Leben gar nichts mitgeben. Ich kann dir nur eines mitgeben, eine gute Ausbildung, die beste Ausbildung, die es gibt. Und das wird deine Basis sein. Wenn irgendetwas passiert kannst du dich da darauf verlassen: Wenn dich dein Mann verlässt kannst du selbständig arbeiten, wenn dein Mann stirbt kannst du selbständig arbeiten, wenn kriegerische Entwicklungen kommen und du alles verlierst – was mein Vater ja selbst erlebt hat – kannst du mit Bildung und Ausbildung etwas Neues anfangen. Dass das bei mir passieren würde, durch den Tod meines Mannes, war mir natürlich damals noch nicht bewusst. Aber ich habe eine sehr gute Ausbildung bekommen, ich habe mein Abitur gemacht, ich habe in München an der LMU Betriebswirtschaft studiert. Ich hab, was damals noch selten war, und nur mit guten Examina möglich war, sehr schnell promoviert, ich war mit 25 Jahren fertig und bin dann ins elterliche Unternehmen gegangen und mein Vater hat mir noch sehr viel als Unternehmer gelernt. Und das war dann meine Basis, als mein Vater und mein Mann fast gleichzeitig gestorben sind.“

Das sei der Moment gewesen, in dem ihr Hausfrauenleben vorbei war. Zwar war Dr. Konstanze Koepff-Roehrs bereits 1969 nach dem Studium in das Unternehmen eingestiegen und hatte viel von ihrem Vater gelernt. Dann folgten Heirat und 1979 die Geburt ihres Sohnes und damit mehrere Jahre, in denen sie „nur“ Hausfrau und Mutter war – eine Zeit, die sehr glücklich für sie war, erzählt Koepff-Röhrs. Eine Zeit, die 1991 plötzlich vorbei war. „Da stand ich nun, ich hatte einen Sohn, den ich innig liebe, den ich großziehen musste und ich musste mich entscheiden, Unternehmen oder vielleicht ein sorgloses finanzielles Leben.“ Die Entscheidung für das Unternehmen sei sehr schwierig gewesen, „weil der Staat natürlich Erbschaftssteuer von mir wollte, und ich zwar eine vermögende Frau war, aber ohne Geld. Das Vermögen war gebunden in Maschinen und in Gebäuden, aber auf den Bankkonten war nichts. Wir haben damals in der Fabrik Kurzarbeit gehabt. Dann kam der große Kampf, wirst du das schaffen oder wirst du das nicht schaffen? Ich bin zur Finanzbehörde gegangen und habe um Stundung der Erbschaftssteuer gebeten, die Behörde hat Nein gesagt, sie können ihre Sachen ja verkaufen.“ Daraufhin sei sie niedergeschlagen nach Hause gegangen. Und dort habe sie sich gesagt, nein, das mache ich nicht! „Und dann habe ich die Ärmel hochgekrempelt, und es ist gelungen. Fragen Sie nicht wie, aber es ist gelungen!“

Ein schwerer Anfang

„1991 war ich dann wirklich mutterseelenalleine“, so Dr. Konstanze Koeppf-Röhrs. „Ich war immer schon eine modebewusste, etwas eitle Frau. Da hat mich dann zunächst niemand ernst genommen. Da hat man gesagt, ja wo kommt denn das Modepüppchen her, wie will die denn das alles machen? Man hat mir viele Steine in den Weg gelegt. Aber ich war ja durch den Leistungssport schon gewohnt, mich durchzusetzen und zu arbeiten und dass mir nichts geschenkt wird. Ich war auch bescheiden genug zu wissen, dass ich nichts kann. Es gab einige Mitarbeiter in der Firma, die mir grandios geholfen haben, die ich auch nie vergessen werden, ohne ich es auch nicht geschafft hätte.“

Sie schaffte es, sich das Vertrauen ihrer Mitarbeiter zu sichern. „Ich habe auch etwas zurück gegeben, Engagement, Fleiß, Zuverlässigkeit, Verlässlichkeit, wenn ich meinen Mitarbeitern gesagt habe ihr könnt auf mich verlassen, dann war das auch so“, so Koepff-Röhrs. Schlimmer in dieser Zeit war die Angst, Kunden zu verlieren. Die Firma hat Kunden in der ganzen Welt, die angewiesen sind auf die Federn. „Die Feder ist ein funktionswichtiges Teil in größeren Geräten. Die Kunden müssen darauf vertrauen, dass sie absolut zuverlässige Lieferanten haben. Das sieht man aktuell bei vielen Produkten, wenn ein Teil fehlt wankt die gesamte Produktionskette, die Produkte können nicht hergestellt werden.“ Mit ihren Mitarbeitern habe sie tagtäglich kommunizieren können, ihnen sagen, ihr könnt euch auf mich verlassen, auch wenn ich neu bin, ich bin für euch da. Den Kunden, die über die ganze Welt verstreut sind, konnte sie das in dieser Form nicht zeigen. „Es war das allergrößte Glück, dass die Kunden nicht abgesprungen sind“, sagt sie rückblickend.

Die Spitzensportlerin

„Ich bin in meiner Jugend immer mit den Buben skigefahren und wollte immer die Beste sein, und war es meistens auch“, erzählt Dr. Konstanze Koepff-Röhrs. Ihre Mutter erzähle noch heute manchmal, wenn sie sie vom Skifahren abgeholt habe hätten die Buben immer gesagt „Die Konstanze ist unsere Beste“. Aus eigener Motivation sei sie dann bei Skirennen mitgefahren, weil sie einfach wissen wollte, wie gut sie ist, und tatsächlich war sie gut. „Und dann kam der Allgäuer Skiverband auf mich zu und hat mich für die ersten Trainingskader nominiert und dann auch gleich wieder entfernt, weil ich eigentlich nur geradeaus fahren konnte und keine Bogerl fahren konnte.“

Dann sei sie zum Skiclub Sonthofen gegangen, „und dort hat man sich ganz rührend um mich gekümmert und hat mir Bogerl fahren gelernt und dann kam die Allgäuer Jugendmeisterschaft und da hab ich gleich gewonnen.“ Mit demselben Fleiß, mit dem sie für die Schule lernte, trainierte sie auch Skifahren. Über die Förderung im Allgäuer Skiverband kam sie zur Förderung im Bayerischen Skiverband und schließlich beim Deutschen Skiverband. „Diesen Leistungssport habe ich mit großer Freude im alpinen Skifahren und im Sommer im Tennis betrieben. Es war mir aber schon immer klar, dass ich das nur während meiner Schulzeit mache und nach dem Abitur dann aufhöre mit dem Leistungssport.“ Ihr großes Ziel waren immer die Olympischen Spiele. Und tatsächlich, sie wurde auch für die Olympischen Spiele 1964 in Innsbruck nominiert. Beim letzten Abfahrtstraining vor dem olympischen Rennen stürzte sie und verletzte sich so schwer, dass sie in Innsbruck im Krankenhaus behandelt werden musste. „Das war dann das Ende von Olympia und das Ende meiner aktiven Rennläuferkarriere.“

Das Karriereende zog sie nicht in ein Loch. „Ich habe die Lebenseinstellung dass an jedem Unglück ein Zipfelchen Glück hängt. Das Zipfelchen Glück an diesem Unfall ist, dass ich gesagt habe, ich kann jetzt ganz beruhigt mein Studium anfangen und das hab ich auch gemacht. Ich bin nach München gegangen und habe mein Studium angefangen und hab das mit genau demselben Elan durchgezogen wie meine Rennläuferkarriere und meine Schulzeit. Das Ergebnis: ein erfolgreich abgeschlossenes Studium, Doktortitel mit 25 Jahren - die Grundlage für ihre unternehmerische Tätigkeit.

Ein Tipp für die Jugend? „In Unternehmerkreisen gibt es das Sinnbild des KVP, des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Das heißt für mich, wer nicht kritikfähig ist und wer nicht darüber nachdenkt, was er besser machen könnte, der wird es im Leben nicht weit bringen. Es ist wichtig, dass man immer wieder schaut, was kann ich besser machen und dass man sich dann auch verbessert, nur so kann man es zu etwas bringen!“, sagt Dr. Konstanze Koepff-Röhrs.

Förderin der Jugend

Einer ihrer Grundsätze ist: „Wenn es einem gut geht, hat man die Verpflichtung etwas weiterzugeben“, so Dr. Koepff-Röhrs. Auch ist sie der Meinung, dass immer, wenn man etwas erreicht hat im Leben, man es nur mit Hilfe seiner Umwelt geschafft hat. „Viele Dinge in meinem Leben sind geglückt, aus welchen Gründen auch immer, deshalb sehe ich es als meine Aufgabe an etwas weiterzugeben, zu unterstützen, zu helfen wenn Not am Mann ist!“

Es gibt viele Dinge, die unterstützenswert sind. Sie habe sich vorgenommen, etwas zu unterstützen, was langfristig ist und nachhaltig. Deshalb habe sie sich zur Unterstützung von Jugend und Leistung entschlossen, „weil ich überzeugt bin davon, dass junge Menschen , egal ob Bub oder Mädel, nur weiterkommen, wenn sie etwas gelernt haben. Und es ist völlig unerheblich ob sie Kulturschaffende sind, ob sie in der Industrie tätig sind, ob sie im charismatischen Bereich sind, wenn man etwas kann, kann man überall etwas Positives bewegen und etwas machen und dazu muss man die Jugend unterstützen, ihnen die Möglichkeit geben, dass sie etwas leisten können, dass sie etwas lernen können, dass sie ihr Leben eigenverantwortlich leben können, egal ob Mann oder Frau oder etwas anderes!“

So unterstützt Dr. Konstanze Koepff-Röhrs neben dem sportlichen Nachwuchs über „Pro Sport Allgäu“ unter anderem auch die besten Absolventen des Gymnasiums Sonthofen.

Die Stellung der Frau in heutiger Zeit

„Die aktuelle Lage gibt uns die Chance, darüber zu reflektieren, dass diese lange Friedenszeit in der wir gelebt haben nicht selbstverständlich ist und dass wir immer auf der Hut sein müssen das größte Gut das wir haben, nämlich Frieden und Freiheit, zuerst einmal zu schätzen und bereit sind zu verteidigen und alles tun, dass wir im Angriffsfall auch in der Lage sind, diese Verteidigung durchzuführen“, so Dr. Koepff-Röhrs.

Die Freiheit der Frau in der westlichen Welt, so Koepff-Röhrs, ist hart erkämpft worden. Sie blickt auf die „Trümmerfrauen“, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland „aufräumten“ und es wieder mit aufbauten. Danach hätten sie keine Rechte gehabt – schließlich musste beispielsweise bis in die 1970er Jahre der Mann der Berufswahl seiner Frau zustimmen und bei der Eheschließung ging das Vermögen an den Mann über. Heute, so Koepff-Röhrs, sind die Frauen in der westlichen Welt frei. Mädchen können Abitur machen, studieren, und das Gelernte dann auch anwenden. Zum Glück habe sich die Gesellschaft inzwischen auch insoweit geändert, dass Männer auch einmal einkaufen gehen, Wäsche waschen, etc. „In der westlichen Welt sind Frauen sehr frei und müssen jetzt ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.“ Mit den gleichen Rechten gehen jedoch auch gleiche Pflichten einher, ist sich Koepff-Röhrs sicher. „Die Frauen werden immer selbständiger. Sie dürfen aber die Männer auch nicht unterbuttern – schließlich sind auch die Männer gleichberechtigt!“


Der Radio-Programmbeitrag zum Nachhören:



Tags:
röhrs sonntalk unternehmerin


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