Memmingen als "Ort der Demokratie" ausgezeichnet
Die Kramerzunft wurde vom Bayerischen Landtag als „Ort der Demokratie“ ausgezeichnet. Das Präsidium des Bayerischen Landtags stellt Orte in Bayern in besonderer Weise heraus, die der demokratischen Entwicklung des Freistaates herausragende Impulse verliehen haben. Die Memminger Kramerzunft beherbergte im Bauernkriegsjahr 1525 die Versammlung der oberschwäbischen Bauern und wird zukünftig als einer von dreizehn Orten der Demokratie in Bayern geführt. „Wir freuen uns außerordentlich über diese Auszeichnung und sind sehr stolz darauf, dass die Kramerzunft diese herausragende Würdigung durch den Bayerischen Landtag erfährt“, betont Oberbürgermeister Manfred Schilder.
Die Auswahl wurde vom Präsidium des Landtags, an der Spitze Landtagspräsidentin Ilse Aigner, und einer Expertenkommission unter der Leitung von Prof. Dr. Ferdinand Kramer, Vorsitzender der Kommission für Bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, und Staatsminister a.D. Dr. Ludwig Spaenle MdL, Beauftragter der Staatsregierung für jüdisches Leben und Antisemitismus, vorgenommen.
„Mit dieser Entscheidung steht die Kramerzunft in Memmingen, die dortige Bauernversammlung und die Niederschrift der Zwölf Artikel, auf einer Stufe mit so herausgehobenen Erinnerungsorten wie dem Reichssaal in Regensburg als Ewigem Reichstag oder dem Verfassungskonvent von 1949 im Alten Schloss auf Herrenchiemsee“, freut sich der Memminger Landtagsabgeordnete und Gesundheitsstaatssekretär Klaus Holetschek, der sich auch bereits in der Vergangenheit gemeinsam mit der Stadt mit Nachdruck für eine Aufwertung und künftige Nutzung der Kramerzunft eingesetzt hat.
Der Vorsitzende der Expertenkommission, Prof. Ferdinand Kramer, bezeichnete „die berühmten Memminger Artikel als Anstoß für Grundrechte und Formen der Partizipation“ und sah in der Memminger Bauernversammlung, obwohl weit vor der parlamentarischen Demokratie, ein „Symbol für Willensbildungs-, Entscheidungs- und Partizipationsprozesse“ in der Bayerischen Geschichte.
Laut Landtagspräsidentin Ilse Aigner ist das Ziel der Aktion, die benannten „Orte der Demokratie in unserer Heimat stärker ins Bewusstsein der bayerischen Bürgerinnen und Bürger zu rücken“. Es sollen deshalb am jeweiligen Platz spezielle Gedenkobjekte installiert werden und Memmingen wird, wie die übrigen Orte auch, zur Station einer Wanderausstellung werden, die derzeit erarbeitet wird. Das Vorhaben ist für die zweite Jahreshälfte 2021 geplant. Gleichzeitig ruft Landtagspräsidentin Ilse Aigner die erwählten Orte dazu auf, gerade in der Begegnung mit jungen Menschen und Schulklassen eine entschlossene Erinnerungsarbeit für ihr jeweiliges Ereignis zu leisten.
Für die Memminger Bürgerschaft und die Gäste der Stadt wurde im Sommer am Weinmarkt gegenüber der Kramerzunft ein Info-Point „Memmingen - Stadt der Menschenrechte“ eröffnet. Dort lässt sich ein schneller Einblick in die Ereignisse von 1525 und die Bedeutung der Zwölf Artikel als früher Menschenrechtskatalog gewinnen.
Die Orte der Demokratie in Bayern
München, Maximilianeum: Seit 1949 Sitz des bayerischen Parlaments.
Memmingen, Haus der Kramerzunft (1525): Bauernvertreter fordern ihre Rechte ein
Regensburg, Altes Rathaus (1594/ 1663 – 1806): Sitz des Immerwährenden Reichstags, der Ständevertretung im Heiligen Römischen Reich
Gaibach (1828/ 1832): Verfassungssäule und Gaibacher Fest
München, Prannerstraße 8 (1818 – 1934): Sitz des Bayerischen Landtags von 1918 bis 1933/34
Nürnberg, Saalbau des Industrie- und Kulturvereins (1919): Gründungsort des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds
Bamberg, Spiegelsaal der Harmonie (1919): Verabschiedung der ersten demokratischen Verfassung des Freistaats Bayern
Vilshofen an der Donau (1919): „Geburtsort“ des politischen Aschermittwochs
Wohlmuthshüll (1945): Erste freie Wahlen nach dem Ende der NS-Herrschaft
München, Große Aula der Ludwig-Maximilians-Universität (1946): Tagungsort der „Verfassungsgebenden Landesversammlung“
Herrenchiemsee, Altes Schloss (1948): Verfassungskonvent
Passau (1952): Europäische Wochen der Europa-Union
Ermershausen (1978): Protest gegen die Eingemeindung
Zu den Zwölf Bauernartikeln
Die Kramerzunft in Memmingen ist ein Ort, welcher für die Demokratiegeschichte in Bayern und in Deutschland herausragende Bedeutung hat. Der Grund dafür liegt in der Abfassung der „Zwölf Artikel“, die von dem Memminger Laienprediger Sebastian Lotzer verfasst wurden und die während der Versammlung der oberschwäbischen Bauern an eben diesem Ort Gegenstand der Beratungen waren. In den nachfolgenden Wochen und Monaten des Bauernkrieges wurden die „Zwölf Artikel“ als prägnanter Forderungskatalog zum bedeutendsten Selbstzeugnis der revoltierenden Bauern in ganzen deutschen Reich. Zusätzlich erarbeitete die Versammlung in Memmingen einen Verfassungsentwurf, die „Bundesordnung der christlichen Vereinigung“. Damit schrieben die oberschwäbischen Bauern deutsche Freiheits- und Verfassungsgeschichte.
Die „Zwölf Artikel“ enthalten im Kern die Überzeugung von der allgemeinen Gültigkeit der Menschenrechte, und das Treffen der Bauern in Memmingen war eine erste verfassungsgebende Versammlung, auf der die Grundprinzipien politischer Gemeinwesen formuliert wurden: Selbstbestimmung, Freiheit, Gerechtigkeit und Wahl.
Die Freiheitsbewegung des „gemeinen Mannes“ von 1525 gehört, auch und gerade in ihrem vordergründigen Scheitern, zu den großen Zäsuren der deutschen Geschichte: So radikal die Forderungen der Bauern unter Berufung auf das „Göttliche Recht“ waren, so vollständig unterlagen sie in ihrem republikanischen Streben der militärisch überlegenen alten Ordnung. Ungeachtet der militärischen Niederlage war der Bauernkrieg von 1525 gleichwohl der Ausgangspunkt für eine Lernerfahrung und Neuorientierung auf Seiten der Herrschenden wie der Untertanen bei der Austragung von sozialen Konflikten: Nach und nach wurden Konflikte „verrechtlicht“, juristische Instanzen zur Konfliktbewältigung geschaffen und bäuerliche wie bürgerliche Untertanen an der staatlichen Ordnung beteiligt.
Angesichts der herausgehobenen Bedeutung der Ereignisse von 1525 innerhalb der europäischen Freiheitsgeschichte ist die Stadt Memmingen schon seit längerem um die Bewahrung dieses freiheitlichen Erbes bemüht. Im Jahr 1975, zur 450. Wiederkehr der Abfassung der „Zwölf Bauernartikel“, veranstaltete die Stadt ein international besetztes und vielbeachtetes Forschungssymposion. Der Bauernkrieg und andere Protestbewegungen der deutschen Geschichte fanden damals Eingang in die politische Kultur Deutschlands. Gustav Heinemann, der damalige Bundespräsident, mahnte zur gleichen Zeit, dass es einer demokratischen Gesellschaft schlecht anstehe, „wenn sie in aufständischen Bauern nichts Anderes als meuternde Rotten sieht“.
Im Jahr 2000 wurde zur 475. Wiederkehr der Abfassung der „Zwölf Bauernartikel“ von der Stadt Memmingen zusammen mit dem „Kuratorium Memminger Freiheitspreis 1525“ der „Memminger Freiheitspreis 1525“ ins Leben gerufen. Ausgangspunkt dieses Gedenkens an die Absichten und Ziele der protestierenden Bauernhaufen war ein Festakt in der hiesigen Martinskirche im Beisein von Bundespräsident Johannes Rau.
Der „Memminger Freiheitspreis 1525“ wurde geschaffen, um auch in Zukunft das Erbe der aufständischen Bauern von 1525 wachzuhalten. Der Preis soll daran erinnern, dass kein Erfolg der Freiheitsgeschichte, keine einmal erworbene Freiheit automatisch für alle Zukunft gesichert ist.


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