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Lindau am Bodensee
(Bildquelle: AllgäuHIT | Thomas Häuslinger)
 
Bodensee - Lindau
Montag, 5. Dezember 2016

Naturschützer kritisieren Lindauer Thermenpläne erneut

Die Stadt Lindau hat das Bauleitverfahren für den Bau der Therme im amtlichen Landschaftsschutzgebiet „Bayerisches Bodenseeufer“ vor Kurzem eröffnet und der Öffentlichkeit im Rahmen der Anhörung Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Das hat die Lindauer Kreisgruppe des BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN) wahrgenommen und eine 10-seitige Stellungnahme erarbeitet.

In ihr kommen erhebliche Bedenken und Einwänden zu den Plänen der Stadt zum Ausdruck. Im Grundsatz stellen die Naturschützer fest, dass Umfang und Ausmaße der Thermalbadplanungen mit den Zielen und Zweckbestimmungen verschiedenster Schutzgebiete deutlich kollidieren und unvereinbar sind. „Die Stadt Lindau und ihr Investor sind sich offenbar nicht bewusst, dass sie ein Großprojekt inmitten eines amtlichen Landschaftsschutzgebietes hochziehen wollen und dass daneben die Thermenareale an Natura 2000- und internationale Vogelschutzgebiete sowie an das Naturschutzgebiet in der Reutiner Bucht unmittelbar angrenzen“, stellen BN-Geschäftsstellenleiterin Claudia Grießer und BN-Kreisvorsitzender Erich Jörg fest. In der Euphorie, die Therme könnte defizitäre Bereiche des bisherigen Bäderbetriebs um Eichwald und Limare wettmachen und sogar Gewinne einbringen, sind offenbar fast alle Hemmungen gefallen, teilen die Lindauer Naturschützer in einer Pressemitteilung mit.

So nehme das Bauvolumen gegenüber dem jetzigen Bestand um 5500 qm zu. Das sei mit der Zweckbestimmung aus der amtlichen Landschaftsschutzverordnung „Bayerisches Bodenseeufer“ unvereinbar. Dort sei geregelt, dass die Schönheit und die Eigenart der Bodenseeuferlandschaft zu erhalten und zu bewahren seien. Alle Maßnahmen, die dem zuwiderliefen, wären verboten. Das Landschaftsbild in einem höchst sensiblen Abschnitt würde extrem beeinträchtigt, da man ja das Ganze zusammen mit der bereits bestehenden Eissporthalle betrachten müsse, meinen die Lindauer Naturschützer.

Der Gesamtkomplex widerspräche auch dem Bodenseeleitbild der drei Anrainerstaaten. Die Internationale Bodenseekonferenz (IBK) habe darin unter anderem festgelegt, dass derartige Massivverbauungen am Bodenseeufer nicht zulässig seien. Der BN fordert daher auch die Einschaltung der IBK.

Die Stadt Lindau hat sich nach Auffassung der Lindauer Kreisgruppe im Seeuferplan aus dem Jahre 1987 selbst gesteckte Ziele gesetzt. So sollte das Strandbad durch Gestaltungs- und Begrünungsmaßnahmen aufgewertet und der Eichenhain vom Parken befreit werden. Langfristig müssten für den gesamten Bereich des Ostufers von der Ladestraße bis zum Leuchtenberg Nutzungen gefunden werden, die den naturnahen Seeufercharakter nicht beeinträchtigen. „Die Thermenplanungen und die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung (Bau von bis zu 400 Wohnungen) an der Ladestraße zertrümmern geradezu das von der Stadt 1987 sich selbst auferlegte Instrument der Seeuferplanung“, stellt BN-Kreisvoristzender Erich Jörg fest. Zudem weiche die Stadt vom Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) und dem Regionalplan Allgäu ab. In beiden übergeordneten Leitplänen sei doch festgeschrieben, dass in Tourismusgebieten Wert auf die Förderung des qualitativen und nicht auf den quantitativen Tourismus gelegt werden solle. Dabei müssen den ökologischen Belangen besondere Bedeutung beigemessen werden, insbesondere müssten Beeinträchtigungen von Schutzgebieten oder des Landschaftsbildes vermieden werden. „Die Stadt Lindau tut hier aber in allen Punkten gerade das Gegenteil“, urteilt Claudia Grießer von der BN-Geschäftsstelle

Es sei zwar erfreulich, dass endlich der Eichenhain nicht mehr als Autoparkplatz missbraucht werde, was der BN schon seit über 20 Jahren fordere. Das dürfe aber nicht als Rechtfertigung dienen, um an anderer Stelle des Landschaftsschutzgebietes massive Neubauten zu platzieren. Im Übrigen schmälert die Einrichtung von 480 Fahrradstellplätzen in den gut durchwurzelten Boden des Eichenhains - mit Beton und Eisen eingebracht – den ökologischen Gewinn durch die Auslagerung der Autoparkplätze erheblich. Auch der Bodenauftrag von 15 Zentimetern widerspricht nach Meinung der Lindauer Naturschützer der guten fachlichen Praxis.

Besondere Kritik übt der BN am Umweltbericht in den Planunterlagen. Da die Therme mit ihrer Infrastruktur unmittelbar an Natura 2000-Gebiete (FFH) und an das SPA-Vogelschutzgebiet „Bayerischer Bodensee angrenze, fehle eine Umweltverträglichkeitsprüfung. „Die ist zwingend erforderlich“, meint Diplombiologin Claudia Grießer, da durch die Betriebsabläufe (Saunabetrieb, Lärm, Lichtemission) ein hohes Störpotenzial entstünde und die Tierwelt nachts und am Tag in den Schutzgebieten zu beinträchtigen drohe. Die Biologin vermisst zudem eine „Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung“ bei Fledermäusen, Amphibien und Reptilien sowie bei Vögeln. Hier sei nicht in die Tiefe gegangen oder alte Daten aus dem Jahre 2001 zugrunde gelegt worden. Sie bemängelt ferner, dass der Aderlass von 27 hochwertigen Bäumen wie Eichen beträchtlich sei. Sie glaubt nicht, dass eine teilweise Umpflanzung sinnvoll sei. Zudem sei es mit einem hohen finanziellen Risiko behaftet. Meist misslinge dies. Außerdem sei in den Planunterlagen nirgendwo festgelegt, wo die Umpflanzungen vorgenommen würden.

Claudia Grießer und Erich Jörg beklagen in ihrer Stellungahme ferner, dass die Lärmbelastung für Anwohner und Kleingärtner nördlich der Eichwaldstraße durch den Ganzjahresbetrieb deutlich zunehmen werde und kaum spürbare Minderungsmaßnahmen angedacht seien. „Auch Anwohner und Kleingärtner haben ein Recht auf Erholung und Lebensqualität“, ergreifen die Lindauer Naturschützer Partei.

Einen weiteren Kritikpunkt bringen die Naturschützer vor: Vor wenigen Tagen sei öffentlich geworden (siehe Lindauer Zeitung vom 3.12.2016), dass der vorgesehene Parkplatz nördlich der Eichwaldstraße überhaupt noch nicht gesichert sei. Es wäre vollkommen offen, ob er überhaupt zur Verfügung stünde. „Wie kann ein Bauleitverfahren bei so einem Großprojekt in Gang gesetzt werden, wenn die Parkplatzfrage völlig ungeklärt ist“, meinen Claudia Grießer und Erich Jörg.

Das Fazit, das die BN-Kreisgruppe zur Thermenplanung der Stadt Lindau zieht, ist sehr negativ. Eine Therme in dieser Form und mit ihren Auswirkungen inmitten eines Landschaftsschutzgebietes und in unmittelbarer Nachbarschaft eines FFH- und SPA-Gebietes sowie eines Naturschutzgebiets in der Reutiner Bucht sei mit deren Schutzzielen unvereinbar. Sie fordern Planungen, die darauf Rücksicht nehme, aber auch den Erholungswünschen der Bevölkerung gerecht werden. Beides sei bei den jetzigen Vorhaben nicht erkennbar.


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Bauleitverfahren Bebauungsplan Flächennutzung Änderung


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