„Zu wenig“ im Allgäu: BLLV-Präsidentin kritisiert aktuellen Personalstand
In knapp zwei Wochen geht die Schule in Bayern wieder los. Die einen Schüler freuen sich, die anderen hätten gerne noch ein paar freie Wochen drangehängt. Vor allem für die Lehrer wird es jetzt wieder ernst, denn der Lehrermangel macht sich gerade zum Schulstart auch in unserer Region deutlich bemerkbar. Simone Fleischmann ist die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnen Verbandes und spricht sogar von einem in dieser Intensität noch nie dagewesenen Lehrermangel.
Von Isabelle Tausend und Stefanie Eller
AllgäuHIT: Inwieweit bekommen Sie denn den Lehrermangel aktuell in der Region mit?
Fleischmann: Vor allem bekommen wir natürlich mit, dass wir zu wenige sind. Die Lehrerinnen und Lehrer im Allgäu, aber auch in ganz Deutschland, fehlen hinten und vorne. Das wird zur Folge haben, dass wir den Kindern nicht das bieten können, was wir gerne würden, was die Eltern verlangen und eben auch was die Kinder brauchen. Auch haben wir gerade nach der Zeit mit Corona und durch die neu dazugekommene Aufgabe, ukrainische Flüchtlinge zu integrieren, Herausforderungen vor uns, bei denen uns schon Angst und Bange wird aufgrund des fehlenden Lehrpersonals. Der Lehrermangel ist ein bis dato nie dagewesener, sodass wir durchaus Sorge haben, nicht gut in dieses Schuljahr starten zu können.
AllgäuHIT: Was bedeutet das denn jetzt, also was sind die Folgen von diesem Lehrermangel an unseren Schulen?
Fleischmann: Wir werden Klassenhöchststärken haben in einem Ausmaß, welches wir nicht wieder für möglich gehalten haben. Konkret werden also Klassen mit 30 oder sogar mehr Kindern zustande kommen, da so weniger Lehrpersonal benötigt wird als bei zwei kleineren Klassen. Wir werden auch keine Arbeitsgemeinschaften haben, da alle Lehrerstunden für den Kernunterricht benötigt werden. Es wird auch dazu kommen, dass Unterrichtsstunden ausfallen. Mögliche Defizite bei Kindern wird man nicht aufholen können. Und noch schlimmer: Es wird Substitutionskräfte geben. Das heißt, dass Personen, die nie Lehramt studiert haben, Unterricht an Schulen führen werden.
AllgäuHIT: Kann man denn auch sagen an welchen Schulen das Problem am größten ist?
Fleischmann: Wir haben vor allem aktuell zum Schulstart im September im Grund-, Mittel- und Förderschulbereich Lehrermangel. Der Grund dafür ist einfach, dass zu wenige da sind, denn all diejenigen, die für diese Schularten Lehramt studiert haben, sind bereits im Einsatz. Deshalb werden nun Gelder zur Verfügung gestellt, welche das Schulamt oder der Schulleiter in den entsprechenden Schulamtsbezirken im Allgäu oder in den unterschiedlichen Städten anfordern kann. Dabei muss zunächst vor Ort geregelt werden, wie man dieses Geld und auch die entsprechenden Arbeitsverträge an Menschen bringt, die keine ausgebildeten Fachkräfte sind, damit diese die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen unterstützen können.
AllgäuHIT: Es betrifft die unterschiedlichsten Schulen, inwieweit spüren die Schulkinder den Mangel?
Fleischmann: Schülerinnen und Schüler merken sofort, ob die Person, die vor ihnen steht im Unterricht und mit ihnen gemeinsam lehrt und lernt, ausgebildeter Pädagoge ist, also ein Fachmann in seinem Fachgebiet. In diesem Bereich kommt es einfach auf lange Sicht auf gute Methodik, Didaktik und Pädagogik an. Die Kinder merken den Mangel, da sie Defizite haben aus den letzten zwei coronageprägten Schuljahren. Diese Schülerinnen und Schüler brauchen individuelle Unterstützung, bekommt diese aber nicht, da die benötigten Fachkräfte nicht vorhanden sind. Ebenso wird der Lehrermangel bei anspruchsvollen Aufgaben wie der Integration von ukrainischen Flüchtlingskindern oder der Unterstützung von Kindern mit z.B. Lese-Rechtschreibschwäche bemerkbar. Auch werden die Kinder merken, dass es keine Angebote wie Schultheater oder Schulchöre mehr geben wird. Das ist sehr schade, da so etwas doch Schule ausmacht.
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