Moderator: Hits der 70er bis Heute
Sendung: Der AllgäuHIT-MIX
 
 
Pater Johannes Reiber war bei Niklas Bitzenauer zu Gast beim AllgäuHIT-Sonntalk
(Bildquelle: AllgäuHIT)
 
Allgäu
Sonntag, 9. April 2023

Ostern: Tradition oder doch nur noch Konsumwahn?

Osterhase, Osternest und Osterferien: Für viele steht die Suche nach den bunten Nestern, die mit Eiern und Schokolade gefüllt wurden, am Osterwochenende im Vordergrund. Vielen ist auch gar nicht mehr so richtig geläufig, dass die Feiertage auf christliche Bräuche und Feiertage zurückgehen und warum wir in dieser Zeit Ferien und Feiertage haben. Deshalb hat Niklas Bitzenauer mit Pater Johannes Reiber aus Memmingen im AllhäuHIT-Sonntalk gesprochen. Er ist 35 Jahre alt und seit knapp sechs Jahren Priester. Wir haben mit ihm über die kirchliche Ostertradition gesprochen. Aber auch darüber, wie es um den Nachwuchs in der Kriche bestellt ist und auch über die Skandale, die sich um die katholische Kirche ranken.

AllgäuHIT: Heutzutage wird Ostern oft von den Osterfeiern, also Ostereier und -nester verstecken, übetrumpft. Geht der kirchliche Sinn dadurch verloren?

Pater Johannes: Ich würde generell sagen, dass der kirchliche Sinn dadurch verloren geht. Gerade auch durch den ganzen Kommerz, in dem wir alle drin stecken. Insofern erlebt Ostern genau die gleiche Kommerzialisierung wie Weihnachten, womit der eigentliche Glaubenssinn verloren geht. Bei vielen sind es aber genau andersrum, also dass durch diese Dinge die Freude auf Ostern bei ihnen erst geweckt wird - es steckt also auch eine Chance für die Kirche hinter dem Ostereier-Verstecken.

AllgäuHIT: Was ist eigentlich der kirchliche Sinn hinter Ostern?

Pater Johannes: Für uns Christen ist Ostern der Festtag, an dem Jesus Christus nach seinem Tod am Karfreitag wieder auferstanden ist, mit Leib und Seele. Wir feiern also den Sieg, den er als Sohn des lebendigen Gottes, gewonnen hat, und zwar über Tod und Sünde. Das ist für uns ein Hoffnungszeichen, dass nicht das Schlechte und Böse das letzte Wort hat, sondern das Gute.

AllgäuHIT: Seit wann wird Ostern offiziell gefeiert?

Pater Johannes: Bereits im alten Testament wird überliefert, dass die Juden an diesem Tag gefeiert haben - und zwar das Passah-Fest, eine Erinnerung an den Durchzug durch das Rote Meer, und dass das Volk Israel heil aus Ägypten fliehen konnte. Für uns Christen hat es nochmal eine tiefere Bedeutung bekommen, durch Jesus hindurchziehen durch das Reich des Todes und der Sünde. Auch durch das neue Leben, was Jesus mit seinem eigenen Leben gemacht hat. Somit feiern wir das eigentliche Ostern jetzt seit etwa 2.000 Jahren.

AllgäuHIT: Ostern ist ein höherer christlicher Feiertag als Weihnachten. Warum?

Pater Johannes: Im Allgemeinen ist es ja so, dass die Meisten Weihnachten "größer" feiern als das Osterfest. Wir kennen alle die Geschichte von Jesus Geburt im Stall bei Ochs und Esel. Das ist auch ein wichtiger Feiertag, denn mit seiner Geburt hat sozusagen ja alles angefangen. An Ostern feiern wir aber einen erwachsenen Christus, der ganz viel von seinem Vater als Aufgabe für unsere Welt mitbekommen hat und der sein Werk und Leben krönt mit seinem Tod und seiner Auferstehung. Was der Erwachsene Jesus an diesem Tage tut, ist also noch einmal wichtiger für das Christentum als an Weihnachten, wo er "nur" geboren wurde.

AllgäuHIT: Haben sich die österlichen Feierlichkeiten über die Jahre hinweg verändert? 

Pater Johannes: Wie bereits gesagt wird das Osterfest in unserer Gesellschaft immer weiter kommerzialisiert und immer oberflächlicher. Ich finde, dass es den Menschen heute dadurch immer schwerer gemacht wird, den eigentlichen Sinngehalt hinter den Feiertagen und Ferien herauszufinden. Ich denke auch, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren immer weiter fortführen wird. Mir ist es daher in meiner Aufgabe als Priester wichtig dazu beizutragen, dass die Botschaft nicht verklingt.

AllgäuHIT: Wann fängt die Osterzeit eigentlich offiziell an, erst dem Ostersonntag, oder zählt auch schon die Kar-Woche dazu?

Pater Johannes: Also die Antwort darauf liegt schon in den Wörtern selbst: "Kar", das gehört noch nicht offiziell zu der Osterzeit. Mit dem "Oster"-sonntag beginnt dann die Osterzeit, die 50 Tage richtig und ausgiebig gefeiert wird.

AllgäuHIT: Es gibt ja auch den Gründonnerstag, was hat es damit auf sich, warum heißt er Gründonnerstag?

Pater Johannes: Man könnte jetzt denken, dass es an der Jahreszeit kommt. Denn wenn wir momentan aus dem Fenster sehen, wird ja auch in der Natur wieder alles Grün. Tatsächlich aber leitet sich das Wort "Grün" in Gründonnerstag von dem Althochdeutschen Wort "greinen" ab,  was so viel bedeutet wie weinen. Das kommt daher, da Jesus an diesem Tage besonders gelitten hat und seine Leidensphase begann. 

AllgäuHIT: Es heißt ja Kar-Freitag, der Tag an dem Jesus gekreuzigt wurde. Warum gibt es auch den Kar-Samstag? 

Pater Johannes: Eigentlich gehören die Tage Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag und irgendwie auch der Ostersonntag alle zusammen. Interessanterweise beginnt die Kirche ihre Liturgie, ihre Feier und Riten mit dem Gründonnerstag. Aber sobald der Gottesdienst am Gründonnerstag aufhört, wird er nicht offiziell abgeschlossen und am Freitag geht es ohne Ein- und Auszug weiter. Bis dann der krönende Abschluss kommt in der Osternacht am Karsamstag. Alles ist also ein Fest, das zusammengehört - und so hat also auch der Samstag seine Vorsilbe vom Karfreitag übernommen.

AllgäuHIT: Für was steht denn der Wort Kar?

Pater Johannes: Auch dieses Wort kommt aus dem Althochdeutschen und zwar von dem Wort "Kara", was soviel bedeutet wie Klage oder Kummer. Wenn wir uns daran erinnern, was am Karsamstag dort passiert ist und wie die Freunde und Anhänger von Jesus an diesem Tag um ihn getrauert und geklagt haben, ergibt das dann auch einen Sinn. Man will also einfach mit diesem Wort nochmal klar machen, dass es ein Klagetag der ganzen Kirche ist.

AllgäuHIT: Am Ostersonntag ist Jesus ja auferstanden, aber was hat es mit dem Ostermontag auf sich, warum gibt es den?

Pater Johannes: Ostern ansich ist ein so großer Feiertag, dass er eigentlich 50 Tage lang gefeiert wird, bis Pfingsten dann. Für uns Christen gibt es aber nochmal eine engere Freudenszeit nach der 40-tägigen Fastenzeit. Das nennen wir "Oktav", nach der Zahl acht. Es soll also 8 Tage nach Ostern jeder Tag davon so gefeiert werden, als wäre es Ostern. Und in der heutigen Zeit ist von diesen acht Tagen der Ostermontag übrig geblieben, nach kirchlichem Brauch müssten aber auch noch die Tage nach dem Ostermontag gefeiert werden.

AllgäuHIT: Jetzt reden wir mal über die verschiedenen kirchlichen Bräuche. Der Klassiker, den jeder kennt, ist die Osterkerze. Für was steht dieser Brauch überhaupt?

Pater Johannes: Wir haben ja zuvor schon einmal im Bezug auf das Passah-Fest über den Auszug des Volkes Israels aus Ägypten gesprochen - und daher kommt auch unserer heutiger Brauch der Osterkerze. Ihnen voran ging laut Überlieferung eine Säule als Orientierungspunkt. So ist die Osterkerze für uns Christen auch das vorausschreitende Symbol dafür, dass Gott uns vorausschreitet und den Weg leuchtet: Als Jesus Christus, als das Licht der Welt.

AllgäuHIT: Was darf auf der Kerze unter keinen Umständen fehlen?

Pater Johannes :Traditionellerweise ist zunächst einmal ein Kreuz darauf, weil das Kreuz ja ganz zentral ist in diesen Kar- und Ostertagen. Dann sind meistens auch fünf Nägel abgebildet, die für die fünf von Jesus erliedenen Wunden stehen sollen. Dann gibt es noch eine dritte Sache, und zwar die zwei griechischen Buchstaben "Alpha" und "Omega". Diese sollen dafür stehen, dass Jesus sowohl der Anfang, als auch das Ende ist.

AllgäuHIT: Neben der Osterkerze gibt es auch immer am Palmsonntag die Palmzweige oder -boschen, was für eine Bedeutung haben sie? 

Pater Johannes: Die Palmboschen sind eigentlich eine Bezeichnung für unsere Palmkätzchen, die wir komischerweise auch so nennen. Die kommen zum Einsatz am sogenannten Palmsonntag, da die Leute vor 2.000 Jahren, als Jesus auf einem Esel in Jerusalem eingetroffen ist, Palmen abgeschnitten haben und vor Jesus ausgelegt haben. Daraus haben sich dann unsere heutigen Bräuche entwickelt.

AllgäuHIT: Dann gibt es auch das lecker Osterlamm. Hat es das früher auch schon süß gegeben?

Pater Johannes: Das Lamm wurde früher als echtes Lamm gegessen. Diese Tradition kommt auch wieder von dem israelitischen Volk, welches aus Ägypten geflohen ist. Diese haben das Passah-Mahl gefeiert, in dessen Zentrum ungesäuertes Brot und das Passah-Lamm standen. Mit der Zeit hat man dann keine echten Lämmer mehr geopfert, sondern diese Teiglämmer gemacht, die wir heute noch kennen und die sich eben auf diese Tradition des Passah-Lammes beziehen.

AllgäuHIT: Jetzt ist es auch so, dass traditionell an Ostern, oder besser gesagt vor Ostern, zum Beichten aufgerufen wird. Warum speziell zu dieser Zeit?

Pater Johannes: Die katholische Kirche will damit sozusagen sagen, dass ein Christ nicht unbedingt jeden Tag Beichten gehen muss, das wäre zu viel. Aber einmal im Jahr sollte dann doch mal "aufgeräumt" werden. Und das sollte dann halt zumindest in der Zeit geschehen, die für uns Christen dann am wichtigsten ist - deshalb der Aufruf zur Osterzeit.

AllgäuHIT: Punkto Tanzverbot: Warum darf man von Gründonnerstag bis Karsamstag nicht feiern?

Pater Johannes: Der Hintergrund dahinter ist, dass wir dem Glauben, der unser ganzes Land durchwirkt hat, Respekt zollen wollen. Deshalb soll eben an diesen drei wichtigen Tagen für den christlichen Glauben nicht gefeiert und getanzt werden. Früher war das sogar die ganze Fastenzeit über so.

AllgäuHIT: Seit wann existiert dieses Tanzverbot überhaupt und wer hat es überhaupt ins Leben gerufen?

Pater Johannes: Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wann und wo genau dieses Tanzverbot ins Leben gerufen wurde. Denn, dieser Brauch ist per se gar kein kirchlicher, wie man vielleicht meinen sollte, sondern ein staatlicher. Es kommt aus einer Zeit, in der die Kirche und der Staat noch nicht so getrennt waren, wie es heute der Fall ist. Der Staat hat sich da nach der Kirche gerichtet und dann eben dieses Verbot einfeführt nach dem christlichen Sinn.

AllgäuHIT: Könnte eine Entschärfung des Verbots nicht auch eventuell eine Maßnahme sein, die auch mehr Leuten die Kirche wieder schmackhaft machen könnte?

Pater Johannes: Das ist ein Argument dass häuftiger gemacht wird. Je mehr sich die Kirche anpasse und von ihrer eigenen Wichtigkeit ablasse, desto mehr würden sie die Leute "catchen". Ich mache da den gegenteiligen Effekt aus, und zwar, dass die Leute dann sagen: "Jetzt erst recht, jetzt ist es mir auch noch mehr egal". Ich denke also, dass es uns nicht helfen und den Glauben stärken würde.

AllgäuHIT: Weil wir gerade beim Tanzen sind, darf ein Pfarrer in den Club gehen, oder feiern gehen?

Pater Johannes: Das dürfen Pfarrer bestimmt - leider kann ich persönlich gar nicht tanzen, deshalb ist das auch für mich nicht relevant und da ich den Wein jeden Tag in der Messfeier in meinem Messkelch habe, brauche ich das auch gar nicht (lacht).

AllgäuHIT: Jetzt beleuchten wir mal den Nachwuchs in der katholischen Kirche. Wie ist denn der aktuelle Stand, weil wir hören des öfteren, dass immer mehr Menschen aus der Kirchen austreten, ist das deiner Meinung nach wirklich so?

Pater Johannes: Ich bekomme es haut nah mit in der Pfarrei, wenn wir die Daten übermittelt bekommen, dass viele Leute austreten aus der Kirche. Natürlich versuchen wir uns damit zu trösten als katholische Kirche, dass es bei unseren Geschwistern, den evangelischen Brüdern und Schwestern genauso ist, aber das ist kein wirklicher Trost, grundsätzlich ist es also wirklich so, die Leute treten aus der Kirche aus, manchmal bekomme ich auch Gründe mit, entweder das Geld, oder verschiedene Skandale. Aber der Schmerz bleibt, egal welche Begründung, da uns die Leute fehlen, denen wir eigentlich diese froh machende Botschaft des Glaubens bringen wollen, des Evangelium.

AllgäuHIT: Woran liegt es denn, dass doch einige Menschen aus der Kirche austreten?

Pater Johannes: Gerade vor ein paar Tagen habe ich in die Bildzeitung in der online Ausgabe geschaut und mich dort ein bisschen durch gefischt und habe bemerkt, dass, so kam es mir vor, in einem Turnus von ein paar Monaten recht regelmäßig immer wieder Skandale von der katholischen Kirche aufbereitet werden und dem Leser zugeführt werden. Ebenso ähnlich in regionale Medien oder Zeitungen. Da gibt es ganz viel, Stichwort Missbrauch, Stichwort Geldanlagen, wo der Vatikan oder vielleicht auch eine regionale Kirchengemeinde falsch, schlecht oder nicht transparent damit umgeht. Diese beiden Dinge sind irgendwie die großen Schlaglichter, die viele Menschen aus der Kirche führen.

AllgäuHIT: Viele sind der Meinung, dass die Kirche doch sehr veraltete Ansichten in einigen Punkten hat. Kannst du dem als Pfarrer zustimmen?

Pater Johannes: Ich denke, wir haben sehr veraltete Ansichten, würde aber nicht sagen, dass wir die einfach abschieben, sondern würde sagen, die dürfen wir mit einem Licht der Gegenwart beleuchten und den Schatz darin erkennen. Also die alten Botschaften, die sind alt, die gelten schon seit 2.000 oder noch mehr Jahren, ebenso alt wie das Wort Gottes ist, die Heilige Schrift, das alte, das neue Testament, aber sie haben sicherlich auch für den modernen Menschen etwas zu sagen, können für ihn prägend sein insofern, alte Botschaften, in einem modernen Kleid, dann wäre es meiner Meinung nach richtig.

AllgäuHIT: Beispielsweise gleichgeschlechtliche Ehe ist in der Kirche noch nicht sehr gerne gesehen. Woran liegt das?

Pater Johannes: Grundsätzlich liegt es daran, dass wir diesen Maßstab von ethischen Verhalten nicht von uns selber herausziehen, die Kirche ist nicht ein großen Demokratisches zusammen, wo darüber Pro und Kontra diskutiert wird, was machen wir jetzt? Was braucht die heutige Zeit? Sondern wir als Christen orientieren uns an der Heiligen Schrift, das ist unser Maßstab. Gott selbst, der durch die Heilige Schrift zu uns spricht, durch die Kirche, die lebt, im Laufe der Zeit. Insofern, das entnehmen wir der Heiligen Schrift, es gibt dort explizite Stellen gerade den Bezug auf dieses eine Thema, gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder Ehen und dort ist die Heilige Schrift eigentlich sehr klar auch die Tradition der Kirche in den letzten 1.000 Jahren von Jesus Christus ab, deswegen ist das für uns ein recht klares No-Go, wobei gerade auch der Synodale Weg, Deutschland versucht dort das ganze Thema anders zu umschiffen und selber das Evangelium neu zu schreiben.

AllgäuHIT:Ist das deiner Meinung nach etwas Gutes oder etwas Schlechtes?

Pater Johannes: Für mich ist es nicht möglich so zu denken, weil für mich der Maßstab Gottes sein Wort, sein gelebtes Wort, durch die Jahrhunderte hindurch. Mir kommt es etwa so vor, als ob man dort versucht dem Menschen entgegenzukommen, die Not auch zu sehen, ihnen zu helfen, allerdings mit dem großen Kompromiss dem Wort Gottes und so dem Willen Gottes untreu zu werden, deshalb ist es für mich nicht der richtige Weg um mit diesen Fragen um zu gehen.

AllgäuHIT: Also es ist schon deiner Ansicht nach eine Sünde?

Pater Johannes: Die Heilige Schrift bezeichnet es auch so, deswegen sage ich auch dazu, dass es eine Sünde ist, wobei man es sehr differenziert sehen muss, inwiefern ein Mensch das wirklich mit eigenem Zutun, mit eigener Entscheidung getan hat, dass er sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt, da sind sehr viele Dinge damit mit verbunden, deshalb ist es schwierig über dem Radio auch so pauschal dieses Thema anzugehen. Also man kann sich dort eigentlich nur die Finger verbrennen, zumal der heutigen Zeit wo dieses Thema so en vogue ist.

AllgäuHIT: Einige fordern auch, dass Pfarrer, wie in der evangelischen Kirche heiraten sollten, dürfen. Wäre das in deinen Augen für die Zukunft wünschenswert?

Pater Johannes: Ich gehöre zu einer Ordensgemeinschaft, zur geistlichen Familie das Werk und für mich als Ordenspriester war es eine bewusste Entscheidung nicht zu heiraten, gehorsam zu sein und auch anmutig, diese drei, so nennen wir die evangelischen Räte zu schließen, diese drei Ordensgelübde. Ich denke mir auch hier ähnlich wie auch zum Thema davor. Was sagt uns die Heilige Schrift? Wie hat Jesus gelebt? Wie haben seine Apostel gelebt? Deshalb ist es für mich ganz klar an dem Zölibat festzuhalten. Ich wurde auch nie gezwungen, sondern man hat mir die Entscheidung in die Hand gelegt, zugleich weiß ich, wenn ich das nicht leben könnte, nicht tun könnte, dann wäre das nicht mein Lebensweg, aber dann würde ich einen anderen tollen Weg führen, dann wäre ich ein toller Familienvater und würde so versuchen die Welt zu beeinflussen mit meiner guten Meinung, mit meinem Glauben, mit meinen Talenten und Fähigkeiten.

AllgäuHIT: Noch so ein umstrittener Punkt in der katholischen Kirche ist, dass Frauen Pfarrer werden dürfen. Was sagst du dazu?

Pater Johannes: Ich denke Frauen haben sehr viel gute Eigenschaften, die auch zu einem Seelsorger passen, gerade dieses mütterliche Element. Frauen haben in vielen Bereichen sogar mehr Fähigkeiten, mehr Talente, die gerade in einen Seelsorger hineinpassen würden. Auch hier möchte ich wieder auf dieses Element verweisen, dass die Heilige Schrift uns einen sehr guten Rahmen gibt, einen Weg. Die Frauen haben ihre eigene Berufung und sollen das ganz ausleben. Die Männer ihre, wo auch das Priestertum eher damit verbunden ist. Deshalb würde ich sagen, es ist wichtig, nicht dass alle das Gleiche tun, wie wir vielleicht aus kommunistischen Parolen kennen, sondern jedem das Seine zu geben. Und das Priestertum ist eben mit dem Mann sein verbunden, ohne das schlecht werten oder positiv sehen zu wollen, sondern einfach als Faktum, welches ohne Bitterkeit zu leben und zu verstehen ist.

AllgäuHIT: Dass einige Menschen aus den verschiedensten Gründen austreten, wissen wir bereits. Aber kommen den neue wieder dazu. Ist die Zahl der Taufen auch eher rückläufig?

Pater Johannes: Allgemein, das liegt vielleicht auch am demografischen Trend, hier in Mitteleuropa sind die Zahlen rückläufig. Es gibt aber auch schöne Beispiele, die nicht so in die Masse fallen und dieses Gewicht der Austritte. Zum Beispiel ein junger Mann in meiner Pfarrei, der durch Diskussionen mit Klassenkameraden auf den Geschmack gekommen ist, sich zu informieren im Internet, welche Religion jetzt die richtige sei? Und am Ende ist er bei der katholischen Kirche herausgekommen, was mich natürlich freut. Er hat auch ganz viel Interesse gezeigt, auch jetzt wo er gerade in der Fase ist seinen Glauben tiefer kennenzulernen. Er macht dort wirklich Meilen Sprünge und im Gegensatz zu vielen Christen, die einfach getauft sind, zur Erstkommunion und zur Firmung gekommen sind, ist er jemand, bei dem alles aufblüht. Er beschäftigt sich damit und empfängt wirklich einen Sinn für sein Leben, kann daraus ganz viel Kraft schöpfen, das sind so ganz große helle Lichter am Horizont, die einem auch das Arbeiten und Priester seine Freude bereiten lassen. Also auch diese Beispiele gibt es, aber zahlenmäßig gesehen, numerisch sind es eher eine Minderheit.

AllgäuHIT: Wie schaut es bei den Pfarren, also in deinem Beruf aus? Gibt es noch ausreichend Priesterweihen?

Pater Johannes: Weil insgesamt die Zahl abnimmt von Gläubigen, die Kirchenaustritte immer mehr werden, haben wir genügend Priester, um für diese Menschen zuständig zu sein. Zugleich müsste es mehr Priester geben, um wieder ganz neu diesen Glauben wecken zu können, ähnlich wie in den großen Missionen der Jesuiten, wo Menschen zum ersten Mal ein neues Land betreten haben, um Menschen von Jesus erzählt haben, die noch gar nicht gewusst haben, dass es diesen Namen gibt. In dieser Situation befinden wir uns etwas, wir sind immer mehr auch ein Land, in welchem eine Mission notwendig wird, wir sagen dazu auch Neuevangelisierung. Jetzt zu deiner Frage, ob es genügend geistliche gibt. Einerseits also verhältnismäßig relativ gibt es genügend, wir können diese Dinge alle gut bestellen. Zugleich gibt es weniger Nachwuchs bei den Priestern, allerdings aber auch schöne Dinge. Aus meinem Heimatort kamen in den letzten 30 Jahren insgesamt drei Priesterberufungen heraus. Einer etwas mehr 10 Jahre vor mir, dann kam ich als Priester und in diesem Jahr wird jemand aus meinem Dorf zum Diakon geweiht und nächstes Jahr eben so zum Priester geweiht wird. Also in einer kleinen Pfarrei, die aus 1.400 Selen besteht, sind innerhalb von 30 Jahren drei Priester vorgekommen, eine wunderbare Zahl, vielleicht geht es in meinem Heimatort so weiter, vielleicht auch in anderen Orten. Es gibt nämlich junge Menschen, die sich ganz und gar dem Evangelium Gottes, der Kirche verschreiben.

AllgäuHIT: Was müsste deiner Meinung nach passieren, um die Kirche wieder zu füllen?

Pater Johannes: Das ist so ein bisschen die Frage nach diesem Stein der Weisen oder nach dem Mittel der Alchimie im Mittelalter, wie man denn aus ganz normalen Klumpen Dreck, Gold machen kann. Ich denke, jeder Priester stellt sich die Frage, was müssen wir tun, um die Leute in die Kirche zu locken. Manche probieren das, indem sie an Fasching eine rote Nase aufziehen und so hinter dem Altar stehen, ihren Clown spielen, manche versuchen Tiere zu segnen, manche versuchen auf einem McDonalds Parkplatz die Heilige Messe zu feiern. Für mich sind die Strategien, mit welchen wir Hände ringend versuchen, ähnlich wie der Baron von Münchhausen uns selber herauszuziehen. Ich glaube, mit diesen Mitteln funktioniert das nicht, sondern wir müssen denen Menschen, wo wir eine Not sehen, entgegen kommen, mit denen ins Gespräch kommen, denen den Glauben schmackhaft machen, nicht als eine Werbung, nicht als etwas was wir ihnen verscherbeln oder verkaufen wollen, sondern ihnen Aufzeigen, es gibt eine Lösung dafür, es gibt einen Gott, der dich liebt, der dich erschaffen hat, du bist kein Produkt des Zufalls, dein Leid das bekommt eine tiefe Antwort in Jesus Christus dem Sohn des lebendigen Gottes, der selbst so viel am Kreuz gelitten hatte, aber dann an Ostern auferstanden ist am dritten Tag. Ich denke viel mehr muss über die persönliche Schiene laufen, viel mehr Überzeugung müsste hinter den Priestern, hinter den kirchlichen Mitarbeitern stehen, das Geld müsste viel weniger Rolle haben, viel mehr Armut müsste da sein, damit wir wieder zu unserem Kerngeschäft zurückkommen. Denn Aufgabe der Kirche ist nicht, die Haustiere zu segnen, sondern unsere Aufgabe ist, den Glauben zu verbreiten.

AllgäuHIT: Wäre es eventuell auch hilfreich, den Weg zum Pfarrer werden zu verkürzen?

Pater Johannes: Das wäre, glaube ich, keine gute Lösung, weil stell dir mal vor, ein Arzt würde es genauso machen und so denken, wir haben auch gerade Ärztemangel auf dem Land, jetzt haben sie nur noch 3 Jahre studiert und 1 Jahr praktiziert und dann wirst du auf sie losgelassen. Ich glaube, das wäre nicht so eine gute Idee, ebenso beim Priester, der wirklich für die Seele zuständig ist, die unsterblich ist, ein Priester, der die Aufgabe hat, die Menschen zu Gott zu führen, zum Glauben eigentlich in den Himmel einzuführen, ich glaube, das wäre keine gute Idee, auch wenn es menschlich weltlich gesehen irgendwie sinnvoll wäre.

AllgäuHIT: Was wird denn dafür gemacht, um auch speziell Jugendliche für die Kirche zu begeistern?

Pater Johannes: Vielleicht hast du schonmal von den Weltjugendtagen gehört, auch dieses Jahr wird wieder einer in Lissabon stattfinden. Papst Johannes Paul der II. hat diese ins Leben gerufen. Hierbei kommen mehr als Millionen an Jugendliche zusammen, um den Glauben mit Gott zu verherrlichen, um dort zu beten, um als Gemeinschaft Gott zu erfahren. Das ist, würde ich sagen, so eine große Sache. Es gibt auch größere Ministrantentage, wo sich um den Bischof herum auch die Ministranten treffen, was auch immer eine schöne Feier ist. Ich würde sagen, die Kirche deckt alles ab, jede Lebenssituation, um dort in ihr Leben Gott hineinzubringen, damit die Menschen überall die Hilfe von Gott erfahren, vermittelt durch die Kirche, nämlich von der Wiege bis zum Paare, so heißt das. Deshalb, was machen wir für die Jugendlichen? Es beginnt eigentlich schon im Kindergarten, wenn die Kinder so an die religiösen Rieten, ans Gebet herangeführt werden. In der Schule, in welcher ich zum Beispiel Unterricht gebe, treffe ich viele Jugendliche und komme mit ihnen so ins Gespräch, um ihnen den Glauben auch zu vermitteln. Viele von euch kennen bestimmt auch die Erstkommunionvorbereitung, die Firmvorbereitung, das sind doch noch im Allgäu klassische Kernpunkte, bei welchen wir viel Berührung haben mit den Kindern und Jugendlichen. Auch durch das Vereinswesen, irgendwie das schöne schillernde Dorfleben, welches wir alle so mehr oder weniger kennen, gelingt es uns doch vielen Menschen auch die jüngeren zu erreichen.

AllgäuHIT: Klar, die Bibel kann nicht umgeschrieben werden, aber was könnte denn noch modernisiert werden, deiner Ansicht nach, also in der Organisation?

Pater Johannes: Auf jeden Fall könnte man da noch einiges Modernisieren. Die Kirchen können nicht mehr so "bespielt" werden wie früher, da auch immer mehr Priesterstellen nicht mehr besetzt werden. Deshalb muss man in Zukunft von den alten Pfarrstrukturen wegkommen. Hier müsste die Kirche mehr zentrale Orte erschaffen, an die die Menschen kommen. Wenn das dann auch noch verbunden werden würde was den Leuten etwas gibt, zum Beispiel einem gemeinsamen Frühstück oder ähnlichem wäre das bestimmt gut. 

AllgäuHIT: Eine Messe dauert ja für gewöhnlich so 45 Minuten. Da gibt es aber auch längere Angelegenheiten, wie beispieslweise die Osternacht. Könnten solche speziellen Feierlichkeiten nicht auch kürzer gehalten werden?

Pater Johannes: Ich denke mir, wenn mir dieses feiern der Messe, wie jetzt der Osternacht, etwas gibt, dann ist die Länge der Sache ansich gar nicht so relevant. Dann ist es eher so, dass man die Sache noch länger auskosten will. Deswegen denke ich, dass das Messen der Zeit der Messe gar kein so guter Messfaktor ist, sondern man eher auf die Qualität der gehaltenen Messen achten sollte. 

AllgäuHIT: Während einer Messe werden die klassischen Kirchenlieder, seit Jahrzenten gesungen. Mittlerweile haben Bands aber auch schon christliche moderne Lieder geschrieben, die bei den jungen Leuten auch gut ankommt. Könnten diese Lieder nicht mehr in den Gottesdienst mit eingbunden werden?

Pater Johannes: Ich fände das sehr erstrebenswert, wenn wir ein breiteres Spektrum der Musik für Gottesdienste spielen würden. Ich denke mir, wenn der Inhalt der Lieder stimmt, vielleicht auch Bibeltexte verwendet werden, ist das auch eine gute Möglichkeit, um so zu Gott zu finden. Das ist dann auch kein Falscher Kompromiss mit der Moderne sondern eine gute Möglichkeit wi Leute wieder begeistern werden können. Ich könnte mir das also sehr gut vorstellen, dass mehr dieser Lieder in den Gottesdienst eingebunden werden.

AllgäuHIT: Warum bist du überhaupt Pater geworden?

Pater Johannes: Ich habe in meiner Jugendzeit eine schwierige Phase durchgemacht, im Nachhinein würde ich sogar sagen, dass ich zu dieser Zeit wohl unter Depressionen gelitten habe.Was mir dann halt gegeben hat war der Glauben und die Kirche vor Ort. Da hab ich Leute kennengelernt wärend dem Ministieren und Orgel spielen und so Kontakt zur Kirche aufgebaut. Und ich habe auch so eine persönliche Beziehung zu Jesus aufgebaut, wo ich gespührt habe, dass es mit ihm jemanden gibt, der mich versteht. Ab da war es mir dann klar, dass ich mein ganzes Leben Jesus widmen möchte.

AllgäuHIT: Was waren so die Berufsalternativen zum Pater?

Pater Johannes: Wir hatten Zuhause ein Restaurant mit Cafébetrieb, mein Papa ist gelernter Konditor und meine Mama Hotelfachfrau. In meinem kleinen Allgäuer Dorf wurde auch irgendwie immer still davon ausgegangen, dass ich das irgendwann mal übernehmen werde. Ich habe aber durch die Arbeit meiner Eltern sehr schnell gemerkt, dass das führen eines Wirtshauses mit sehr viel Arbeit verbunden ist und so ist mir klar geworden, dass ich das nicht machen will. In der Schule habe ich dann immer wieder technische Zweige besucht und mit dem Gedanken gespielt, Ingenieurswesen oder Architektur einzuschlagen. Das wollte ich dann aber auch nicht mehr und so ist es dann dazu gekommen, dass ich recht früh in die Ordensgemeinschaft eingetreten bin.

AllgäuHIT: Hattest du auch schon Zweifel, mit Blick auf deine berufliche Karriere?

Pater Johannes: Diese Zweifel gab es und gibt es immer wieder. Gerade im Vergleich mit Gleichaltrigen, die eine Familie gegründet haben, tolle Kinder haben oder tolle Karrieren eingeschlagen haben von denen ich meine, dass diese mir auch gut gefallen könnten. Zugleich komme ich immer wieder darauf zurück, dass ich meinem Beruf das "Jawort" gegeben habe und ich bisher immer extrem zufrieden mit der Wahl gewesen bin.

AllgäuHIT: Was macht dir am meisten Spaß bei deinem Beruf?

Pater Johannes: Mir gefällt am besten die Abwechslung, die ich dabei habe. An einem Tag hab ich am Vormittag eine Beerdigung und mit den Familienangehörigen des Toten zu tun und am Nachmittag eine Taufe, bei der ich dann mit dem Baby und dessen Familie zu tun habe. Auch bin ich an Schulen und arbeite mit Kindern. Ich darf viel Erfahren und habe mit viele Menschen zu tun, das gefällt mir wirklich sehr. Darüberhinaus ist das natürlich noch mit Gott verbunden, dem wichtigsten in meinem Leben. Das alles macht diesen Beruf extrem schön. 

AllgäuHIT: Für alle diejenigen die mit dem Gedanken spielen, Pfarrer zu werden. Was kannst du ihnen mit auf den Weg geben.

Pater Johannes: Diejendigen sollten diesem Gedanken erstmal in sich selbst Raum geben. Dann ist es in diesem Fall immer gut, einen Priester oder eine Ordensfrau aufsuchen und diese um Rat fragen. Menschen, die diesen Weg bereits gegangen sind, können einem Helfen und auf dem eigenen Weg begleiten. Als drittes sollte man auch den Kontakt zu Gott mit Gebeten und dem Empfangen der Sakramente intensivieren. Am Ende wird sich das dann ganz klar herauskristalisieren, ob das Priester- oder Ordensleben der richtige ist für einen. 

AllgäuHIT: So jetzt haben wir heute auch viel über Ostern geredet. Wie schaut so ein Ostersonntag für dich beispielsweise noch aus? Wirst du auf Osternest-Suche gehen?

Pater Johannes: Tatsächlich werde ich das nach dem Gottestdienst. Denn ich begleite in Memmingen eine tolle Familiengruppe, die für mich als ihren Kaplan auch ein Osternest versteckt haben im Pfarrgarten. Da werde ich mich also dann auch auf die Suche begeben und da freue ich mich auch wirklich drauf. Danach gehe ich eigentlich nur noch Mittagessen und nach der Abendmesse habe ich dann, nach der Arbeitsintensiven Osterzeit, erstmal etwas Ruhe.

AllgäuHIT: Hast du auch selber Ostereier gefärbt?

Pater Johannes: Dieses Jahr habe ich das aus Zeitgründen leider nicht mehr gemacht, aber ich habe mir die Schokoladen-Version gekauft, die mag ich eh lieber (lacht).


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Ostern Allgäu Tradition Kirche Sonntalk


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