Betriebsschließungen treffen Einzelhändler schwer
Die Fußgängerzonen sind verwaist, die Läden geschlossen. Die Miete, der Strom oder das Wasser müssen aber weiterbezahlt werden. Und die Lager sind voll mit bereits bezahlter Frühjahrsware oder Saisonartikeln, die in einigen Wochen zum Ladenhüter werden. „Viele Einzelhändler fürchten angesichts fehlender Einnahmen und weiterlaufender Kosten um ihre Existenz“, stellt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen mit Blick auf die zahlreichen Rückmeldungen aus dem Einzelhandel fest.
In Bayerisch-Schwaben bieten rund 25.000 Einzelhändler, darunter viele kleine und inhabergeführte Unternehmen, über 57.000 Menschen einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz. Im Handel werden außerdem 4.200 junge Menschen ausgebildet, beispielsweise zu Verkäufern oder Einzelhandelskaufleuten. Dr. Lucassen unterstreicht die Bedeutung des Handels für Bayerisch-Schwaben: „Der Handel ist neben der Industrie der größte Job- und Ausbildungsmotor unserer Region. Jeder fünfte Ausbildungsplatz hängt von ihm ab.“
Wettbewerb in Schieflage
Ausgenommen von den deutschlandweiten Betriebsschließungen sind nur die Sortimente, die als lebensnotwendig eingestuft wurden. Ebenso ist der Onlinehandel ausgenommen. Damit hat sich die Situation für den stationären, oftmals inhabergeführten Fachhandel noch weiter verschärft. Während er seine Kunden aussperren muss, läuft der Onlinehandel und der Verkauf in Mischbetrieben mit Schwerpunkt auf lebensnotwendigen Gütern teilweise noch auf vollen Touren. Dr. Lucassen erkennt daher Wettbewerbsnachteile für die Händler, die derzeit nicht öffnen dürfen: „Wir möchten an die großen Handelsunternehmen appellieren, gerade mit Aktionsware zurückhaltend zu sein. In der derzeitigen Ausnahmesituation gibt es einen unausgewogenen Wettbewerb, den einzelne Unternehmen nicht ausnutzen sollten. Jetzt benötigen wir Fair-Play.“
Umsätze brechen ein
Eine deutschlandweite Mitgliederumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt, dass 94 Prozent der Einzelhändler negative Auswirkungen des Coronavirus auf ihre Geschäfte spüren, ein Viertel erwartet dramatische Umsatzeinbrüche für das Jahr 2020. Einzig der Tourismus leidet damit noch mehr unter der Coronakrise als der Handel. Der Stillstand der Geschäftstätigkeit führt bei vier von zehn Unternehmen schon jetzt zu Liquiditätsengpässen. Die Einnahmen bleiben aus, die Kosten laufen weiter.
Liquiditätshilfen gefragt
Um ihr Unternehmen zu retten, nutzen die Händler vor allem die Corona-Soforthilfen von Bund und Land. Diese müssen online beantragt werden und sind ein Zuschuss, der später nicht zurückgezahlt werden muss. Dagegen kommen für viele kleine und mittlere Händler die angebotenen Kredite der Förderbanken LfA und KfW nicht in Frage. „Oftmals sind die Befürchtungen zu groß, dass die jetzigen Einbußen nicht mehr aufgeholt und die dann anstehende Tilgung nicht mehr geleistet werden kann“, berichtet Branchenexpertin Elke Hehl aus den vielen Telefonaten, die sie derzeit führt. Um die Situation weiter zu verbessern spricht sich die IHK dafür aus, dass die staatliche Haftungsübernahme bei Fördermittelkrediten auf 100 Prozent erhöht wird – zumindest bei kleineren Kreditsummen.
Der stationäre Einzelhandel ist nicht nur Ausbilder und Arbeitgeber, er prägt auch das Bild unserer Städte und Gemeinden: keine Fußgängerzone, Einkaufsstraße oder historische Altstadt ohne größere und kleinere Geschäfte mit unterschiedlichsten Waren und bunt dekorierten Schaufenstern. „Der Einzelhandel in seiner ganzen Vielfalt ist für Bayerisch-Schwaben unverzichtbar. Weiteres Ladensterben gefährdet damit nicht nur Arbeits- und Ausbildungsplätze, sondern wird unsere Innenstädte zum Schlechten verändern. Die wichtigen Hilfsinstrumente des Staates können daher nur der erste Schritt sein. Denn aufatmen kann der Handel erst, wenn die Kauflaune seiner Kunden wieder zurückgekehrt ist“, stellt Dr. Lucassen abschließend fest.
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