Moderator: Bernd Krause
Sendung: AllgäuHIT am Wochenende
mit Bernd Krause
 
 
Die Gäste waren Dr. Georg Täger und Dr. Florian Hilger
(Bildquelle: Klinikverbund Allgäu)
 
Allgäu
Sonntag, 8. Januar 2023

AllgäuHIT SonnTalk: Allgäuer Unfallchirurgen im Gespräch

Der Sonntag-Vormittag bei Radio AllgäuHIT gehört dem SonnTalk. Seit Beginn des Jahres zwei Stunden jeden Sonntag von 10 bis 12 Uhr mit interessanten Themen und Gästen aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Zu Gast waren an diesem Sonntag Dr. Georg Täger (Chefarzt) und Dr. Florian Hilger (Leitender Oberarzt) der Unfallchirurgie des Klinikums Kempten.

Ein Bericht von Norbert Kolz 

Vorab ist es wichtig zu wissen, dass jeder Beschäftigter und jeder Selbstständiger in Deutschland die Möglichkeit hat, sich bei der Berufsgenossenschaft zu versichern, bei den Beschäftigten ist das Voraussetzung. In der Sendung ging es um die sogenannten Arbeitsunfälle. Dank der Unfallverhütungsmaßnahmen der Berufsgenossenschaften sind die in den letzten Jahrzehnten dramatisch zurück gegangen. Dr. Täger: „Leider haben wir aber jedes Jahr immer noch mehrere tausend Arbeitsunfallverletzte, die wir am Klinikum Kempten behandeln müssen. Das Klinikum Kempten ist im Allgäu der einzige vollumfängliche Unfallversorger, der in dem mehrstufigen Versorgungsverfahren der Berufsgenossenschaften auch diese schweren Verletzungen behandeln kann und behandeln soll und dementsprechend sind wir dann leider mit schweren Unfallverletzten konfrontiert, denn da steht ja immer ein Schicksal dahinter.“ Gerade in der Allgäu-Region ist, bedingt durch die Landwirtschaft, die prozentuale Möglichkeiten einen Unfall zu erleiden sehr hoch.  

Land- und Forstwirtschaft mit schweren Verletzungen 

Frage: „Von welchen konkreten Beispielen sprechen wir denn hier?“ Dr. Täger: Wir haben im Bereich der Industrie, im Bereich der großen Unternehmen unfassbare Fortschritte für die Unfallverhütung erreicht und deswegen sind wir da Gott sei Dank nicht mehr mit schweren Verletzungen so stark konfrontiert, wie in der Vergangenheit. Die gibt es zwar immer noch, aber es gibt einen Sektor der problematisch ist und der hat viel mit Holz zu tun, das ist im Allgäu natürlich naheliegend und auch mit der Landwirtschaft. Hier haben wir saisonal bedingt, wenn die Freiluftsaison beginnt, leider sehr viele komplexe Handverletzungen, die gerade eben auch mit der Landwirtschaft und der Holzverarbeitung, sowie der holzverarbeitenden Industrie zu tun haben.  

Erstversorgung durch die Arbeitskollegen sehr wichtig 

Kommt es zu einem Unfall ist die Erstversorgung durch die Arbeitskollegen sehr wichtig. Zunächst geht es um die Blutstillung um einen Blutverlust möglichst zu vermeiden. In der Folge dann um die Sicherung, als Beispiel, abgetrennten Fingers, der in die Klinik mitgenommen wird um dort möglichst wieder angenäht zu werden. Hierfür gibt es in den meisten Sägewerken entsprechende Boxen, sogenannte Replantatboxen, darin wird der Finger steril eingepackt. Diese Replantatbox kommt dann in eine Tüte und in eine weitere äußere Tüte kommt noch Eis hinein, damit der Finger gekühlt werden kann. Zur weiteren Versorgung gilt immer der Satz „Der richtige Patient für die richtige Klinik. Ziel ist es eine Einrichtung mit der richtigen und notwenigen fachlichen Kompetenz zu finden. Im Fall des abgetrennten Fingers ist eine sogenannte SAV-Klinik, die von der Berufsgenossenschaft zugelassen ist, die richtige Einrichtung. Entscheidend ist Erfahrung im Bereich der Handchirurgie. Oftmals ist es gar nicht so einfach eine geeignete Einrichtung für die Art von Verletzungen zu finden, denn Handchirurgen sind rar. Der Anspruch an der Unfallklinik in Kempten ist es, dass die Patienten zuverlässig aufgenommen werden und damit sind wir ein zuverlässiger Partner für Allgäuer Rettungsdienste. Was wir nicht wollen ist, dass die Patienten zu nächst in ein kleineres Haus gebracht werden und dann im weiteren Verlauf durch den Rettungsdienst weiter verlegt werden müssen.  

Je wichtiger das Organ, umso wichtiger gilt es das Organ zu erhalten 

Zurück in die Unfallklinik Kempten und zur weiteren Behandlung. Es geht damit los, dass der Gesamtzustand des Patienten medizinisch bewertet wird, um nichts zu übersehen. Wichtig ist auch der Tetanus Schutz, der Dank der hohen Impfdisziplin der Bevölkerung heute kein großes Problem darstellt. Dann kommt die Bewertung der lokalen Situation, also die genaue Analyse der Verletzung. Dabei gilt, je wichtiger das Organ umso wichtiger ist auch die intensive Bemühung das Organ zu erhalten. Hier reden wir von Operationen, die mehrere Stunden dauern können. Dabei gibt es sicher auch Fälle, bei denen es nicht immer möglich ist. Sollte es zur Entscheidung kommen, dass das abgetrennte Körperteil nicht mehr angenäht werden kann ist ein Fehlverhalten am Unfallort eher unwahrscheinlich. Grund, so die beiden Unfallmediziner Dr. Täger und Dr. Hilger ist die hohe Professionalisierung der Rettungsdienste, die zum Einsatz kommen. Wichtig ist bei der Behandlung eine offene und ehrliche Kommunikation mit dem Patienten.  

Schneller Einsatz am Unfallort im Allgäu manchmal ein Problem 

Entscheidend für einen schnellen Einsatz am Unfallort gehört auch eine schnelle Erreichbarkeit und das ist im Allgäu aufgrund des schwierigen geografischen Geländes manchmal ein Problem. Hier gelten andere Herausforderungen. Im Allgäu gibt es zwei Regionen, die für den Hubschrauber schwer zu erreichen sind. Einmal die Berge, die bei Bergunfällen oder Skiunfällen nicht immer per Hubschrauber erreichbar sind, weil es ein schräges Gelände ist und Waldgebiete mit Forstunfällen. Bei einem Forstunfall haben wir es mit schweren oder sogar schwersten Unfällen zu tun. Bisher mussten wir bei schwierigem Gelände an den Waldrand fahren und dann mit Fahrzeugen zu Unfallstelle kommen. Seit zwei Jahren haben wir eine Winde am Rettungshubschrauber Christoph 17 und wir können jetzt mit dieser Winde über den Wald fliegen und direkt an der Unfallstelle Material und den Notarzt absetzen und so den Patienten versorgen. Auf gleichem Weg wird der Patient mit der Winde aufgenommen und ohne Zwischenlandung in die Klinik geflogen. Wurde der Patient dann operiert ist damit die Behandlung nicht abgeschlossen. Die folgende Nachbehandlung und Kontrolle ist ein weiterer wichtiger Punkt. Hier gelten die gleichen professionellen Anforderungen, wie bei der Operation selbst.  

Die Unfallklinik Kempten ist mit hoher fachlicher Kompetenz und erstklassiger Ausstattung die richtige Anlaufstelle und für die Region ein wichtiger Partner für die Bevölkerung. 

Informationen zum Klinikverbund und zur Unfallklinik Kempten 

Zum Klinikverbund Allgäu gGmbH gehören sechs Kliniken: das Klinikum Kempten, die Klinik Mindelheim, die Klinik Immenstadt, die Klinik Oberstdorf, die Klinik Ottobeuren sowie die Geriatrie-Kliniken Sonthofen. Träger dieses größten Klinikverbundes in kommunaler Trägerschaft in Schwaben sind die Stadt Kempten sowie die Landkreise Oberallgäu und Unterallgäu. Die vier Geschäftsführer des Klinikverbundes sind Andreas Ruland, Michael Osberghaus, Florian Glück und Markus Treffler. 

Pro Jahr werden in den Kliniken, die insgesamt über 1.100 Betten verfügen, mehr als 210.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Die Zahl der stationären Patienten liegt bei rund 60.000. Die Häuser arbeiten in enger Kooperation miteinander wie auch mit den Facharztpraxen der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). 

Die Kliniken Immenstadt, Kempten, Mindelheim und Ottobeuren sind mit ihren Fachabteilungen für Orthopädie und Unfallchirurgie erste Anlaufstellen für die Behandlung von Schwer- und Mehrfachverletzten sowie für die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen oder Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparates. 

Hochqualifizierte Teams aus Fachärzten und sehr gut aus- und weitergebildeten Pflegern stehen den Patienten für Diagnose, operative und konservative Behandlung sowie optimale Nachsorge zur Verfügung und zur Seite. 

Das Klinikum Kempten bietet sämtliche Verfahren und Behandlungsmethoden einer modernen Unfall- und Wiederherstellungschirurgie an. Die hochwertige Ausstattung des neu errichteten OP-Traktes sowie sämtliche moderne Diagnosemöglichkeiten ermöglichen eine professionelle und spezialisierte Versorgung der Patienten. 

Bedingt durch die Struktur der Region und die enge Zusammenarbeit mit dem Team des Rettungshubschraubers Christoph 17 bildet die Behandlung von mehrfach- und schwerstverletzten Patienten einen besonderen Schwerpunkt. Das Klinikum Kempten ist seit Oktober 2015 ein "zertifiziertes überregionales Traumazentrum". 

Weitere Schwerpunkte sind die Chirurgie von/an Hand- und Wirbelsäule, der Ersatz sämtlicher großer Gelenke mittels Kunstgelenken sowie die minimalinvasive Chirurgie des Bewegungsapparates, insbesondere die arthroskopischen Verfahren an Schulter, Hüft- und Kniegelenk. Im Rahmen der Wiederherstellungschirurgie werden plastische Deckungen von Weichteildefekten und Korrekturen bei knöchernen Fehlstellungen durchgeführt. 

Informationen zu den Gästen der SonnTalk-Sendung 

Prof. Dr. med. Georg Täger 

Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie 
Facharzt für Chirurgie 
Zusatzbezeichnung Handchirurgie 
Zusatzbezeichnung Spezielle Unfallchirurgie 
Durchgangsarzt (D-Arzt) der Berufsgenossenschaften 

Dr. med. Florian Hilger 

Schwerpunkt: Wirbelsäulenchirurgie 

Facharzt für Chirurgie 
Zusatzbezeichnung Spezielle Unfallchirurgie 
Zusatzbezeichnung Notfallmedizin 
ACLS-Provider, ATLS-Provider 
Ständiger Vertreter des Durchgangsarztes (D-Arzt) der Berufsgenossenschaften 


Tags:
SonnTalk AllgäuHIT Unfallchirurgie Klinikverbund Allgäu


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