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Bayern hat viele Forderungen an den Bund
(Bildquelle: AllgäuHIT)
 
Bayern
Dienstag, 17. Mai 2022

Bayerns Energieplan: Mit, nicht gegen den Bürger

Das bayerische Kabinett hat in seiner Sitzung am Dienstag Vormittag über die künftige Ausrichtung der bayerischen Energiepolitik gesprochen. Ministerpräsident Markus Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger erläuterten in einer Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung die Beschlüsse. Die Energiewende könne nur mit und nicht gegen den Bürger gelingen, sagte Söder.

Für Bayern spiele Energie eine zentrale Rolle, so Söder, und in Zukunft werde das Bundesland mehr und mehr Energie benötigen - Bayern als Industriestandort mit immer weiter wachsender Bevölkerung sowie die fortschreitende Digitalisierung führen zu steigendem Energiebedarf. Auch sei Bayern das Bundesland mit den meisten E-Autos. hob der Ministerpräsident hervor.

Die Herausforderungen in der Energiepolitik aufgrund des Klimawandels habe im Freistaat Bayern oberste Priorität. Durch den Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich nun eine neue, noch drastischere Situation ergeben. "Der Ministerrat ist sich einig, dass Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und nachhaltige Produktion von Energien ein Schlüssel- und Schicksalsthema für Bayern und für Deutschland sind", heißt es in einer Pressemeldung der Staatsregierung. "Die Staatsregierung wird daher ihre Kräfte darauf konzentrieren, eine sichere, verlässliche, ökonomisch und ökologisch vertretbare Energieversorgung für den Wirtschaftsstandort Bayern zu gewährleisten. Wie bei Corona ist es beim Thema Energie entscheidend, schnell, entschlossen und auch unkonventionell zu handeln."

Der Bayerische Energieplan teilt sich in verschiedene Teile:

Versorgungssicherheit

"Bayern produziert nicht nur viel Energie, es braucht auch viel. Der gesamte Energieverbrauch Bayerns liegt bei umgerechnet 380 Milliarden kWh. Wir sind ein Industriestandort mit den meisten Industriearbeitsplätzen bundesweit, nämlich 1,3 Millionen. Die Energie hat dem Freistaat den heutigen Wohlstand gebracht. Es ist die oberste Pflicht der Staatsregierung, diesen Lebensstandard zu sichern und bezahlbar zu halten. Alles, was Bayern in eigener Regie tun kann, wird getan. Aber der Bund muss seinen Beitrag leisten", so die Pressemeldung weiter. 

Die nötigen LNG-Terminals müssten nun zügig gebaut werden. "Der für Bayern wichtige Gasspeicher in Haidach in Österreich muss zügig aufgefüllt werden!", sagte Söder in der Pressekonferenz. Er habe bereits mit dem Österreichischen Bundeskanzler darüber gesprochen. Zudem müssten die Atomkraftwerke länger als geplant laufen, um die Energiesicherheit zu garantieren. Ein Gasembargo gegenüber Russland müsse auf jeden Fall vermieden werden.

Bayern hat sich beim Wasserstoff mit dem Wasserstoffbündnis, der Bayerischen Wasserstoffstrategie, den IPCEI-Projekten und dem WTAZ Pfeffenhausen und Gesamtinvestitionen in Höhe von rund 450 Millionen Euro in den kommenden Jahren bereits stark engagiert. Um die Strategie umsetzen zu können, müsse der Anschluss Bayerns an das deutsche und europäische Wasserstoffnetz bis 2030 erfolten. Deutschlands Süden müsste auch über den Süden Europas angeschlossen werden.

Die Förderung durch den Bund für Wasserstoffinfrastruktur dürfe nicht nur im Norden des Landes erfolgen.

Wichtig, so Söder weiter, sei auch der Ausbau des Stromnetzes, gerade für Bayern. Die Umsetzung hinke weit hinter dem Zeitplan her. 

Wettbewerbsfähige Energiepreise

"Bayern tritt für eine umfassende Energiepreisbremse ein. Die beiden Entlastungspakete des Bundes können nur ein erster Schritt sein. Wir fordern zusätzlich vor allem: Eine Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß noch im Jahr 2022, Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt zu den Netzentgelten in Höhe von mindestens zwei Milliarden Euro wie im Kohleausstiegsgesetz zugesagt, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Erdgas, Elektrizität und Fernwärme, eine zeitnahe Umsetzung der beschlossenen temporären Absenkung der Energiesteuern auf Kraftstoffe. Durch die Befristung auf drei Monate ist keine dauerhafte Entlastung möglich. Darüber hinaus ist auch eine Senkung der Energiesteuern auf Heizöl und Erdgas nötig", so die Pressemitteilung weiter. Auch müsse es für Pendler, die weniger als 21 Kilometer zurücklegen, eine Entlasgung geben ebenso wie für Familien und Rentner. 

Ausbau der Erneuerbaren Energien

"Der Schlüssel zum besten Ertrag beim Ausbau der Erneuerbaren Energien liegt in den regionalen Stärken und der Eigenverantwortung der Länder. Bayern nutzt bei seinen Heimatenergien seine Möglichkeiten als großes Flächenland umfassend. Dies gelingt aber nur mit den Bürgern, nicht gegen sie. Bayern ist hiermit schon jetzt äußerst erfolgreich: der Freistaat ist bei allen Erneuerbaren Energien Nummer eins – mit der Ausnahme Windkraft", heißt es in der Pressemitteilung weiter. 

Auch Söder betonte in der Pressekonferenz, dass Bayern die höchste installierte Leistung bei PV-Anlagen, Wasserkraft- und Biomasse-Anlagen in Deutschland habe, ebenso sei der Freistaat führend bei Geothermie. "So produzieren wir doppelt so viel regenerativen Strom wie Baden-Württemberg." Auch bei der Windkraft liege Bayern lediglich auf Platz 8 der 16 Bundesländer, obwohl im Süden weniger Wind weht als im Norden.

"In Bayern stammen bereits mehr als 52 % der Stromerzeugung aus regenerativen Quellen. Mit 13,0 TWh und 11,1 TWh leisteten die Photovoltaik und die Wasserkraft den größten Beitrag, gefolgt von der Biomasse mit 10,1 TWh und der Windenergie mit 4,9 TWh. Bis 2030 soll die Stromerzeugung mit regenerativen Energien in Bayern verdoppelt werden."

Für alle Erneuerbaren Energien sei eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren nötig. Dazu müsse der Bund schnellstmöglich eine umfassende materiell- und verfahrensrechtliche Anpassung des Bundesrechts auf den Weg bringen und – wo erforderlich – sich für eine Veränderung der entsprechenden europarechtlichen Vorgaben einsetzen.

"Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für kommunales und bürgerschaftliches Engagement vor Ort fordert der Freistaat:

  • Eine Erhöhung der finanziellen Beteiligung der Kommunen von derzeit 0,2 ct/kWh. Außerdem sollten erweiterte Beteiligungsmöglichkeiten für Anwohner geprüft werden.
  • Bei der neuen Definition von Bürgerenergiegesellschaften müssen kommunale Tochtergesellschaften berücksichtigt werden.
  • Die Erarbeitung eines bundeseinheitlichen Leitfadens für eine gelungene Bürgerbeteiligung sowie eine Ausbildungsoffensive für Fachkräfte im Bereich EE."

Bayern wird neue und erweiterte Nutzungsmöglichkeiten der Solarkraft  im ganzen Land aufstellen, sagte Söder. Durch

  • PV-Anlagen auf allen geeigneten staatlichen Gebäuden 
  • PV-Überdachung großer Parkplätze und P&R-Anlagen.
  • Weitere PV-Carports auf staatl. Liegenschaften.
  • Agri-PV-Modellanlage auf dem Gelände der Bayerischen Staatsgüter in Grub mit drei realisierten Konzepten
  • Errichtung je einer Agri-PV-Anlage an einem Standort der Bayerischen Staatsgüter in vier Regierungsbezirken (Kringell (Niederbayern), Neuhof (Schwaben), Schwarzenau (Unterfranken) und Almesbach (Oberpfalz) zu Demonstrationszwecken mit einer zu erwartenden Jahres-Gesamterzeugung von rd. 3 GWh.
  • Ermöglichung von Bürgermodellen für Freiflächen-, Agri- und Moor-PV an den Staatsgütern: Verpachtung von bis zu 60 Hektar Fläche an Bürgerenergiegenossenschaften oder Bürgergesellschaften. Ziel ist ausgewogener Mix aus kleineren Freiflächen-PV, Agri-PV bzw. Moor-PV-Anlagen.
  • PV auf den Dachflächen der Bayerischen Staatsgüter: Ziel ist eine jährliche Stromerzeugung von rd. 8 GWh durch PV auf Dächern der BaySG.
  • Umsetzung eines Pilotprojektes Hybridkraftwerk als Wind-Sonne-Speicher.

Daneben sollte der Bund für verbesserte wirtschaftliche Rahmenbedingungen sorgen. Hierzu fordert der Freistaat:

  • Die Anhebung der im Osterpaket vorgeschlagenen Fördersätze für PV-Dachanlagen mit Eigenversorgung. Dies gilt insbesondere für kleine Teileinspeisungsanlagen bis 100 kW.
  • Die Einführung eines bundesweiten PV-Speicher-Förderprogramms analog zum bayerischen Programm.
  • Ausweitung der gesetzlich geregelten Steuerbefreiung der Gewinne aus dem Betrieb kleinerer PV-Anlagen bis 30 kW und Blockheizkraftwerken bis 7,5 kW.

Zudem sollten PV-Anlagen an Autobahnen errichtet werden.

Auch die Wasserkraft gehört fest zum bayerischen Energiemix. Bayern ist nicht nur Sonnen-, sondern auch Wasserland. Dabei soll es auch in Zukunft bleiben.

"Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz werden daher Ausbaumöglichkeiten der Wasserkraft an bestehenden Querbauwerken in ganz Bayern überprüfen. Grundlage sind dafür die vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz ermittelten 30 potenziellen Standorte für neue Anlagen an vorhandenen Querbauwerken. Ziel ist, mit diesen Standorten insgesamt ein zusätzliches Potential von 18 MW Leistung und rd. 160 GWh Stromproduktion jährlich zu erschließen", so die Pressemeldung weiter

Um das gesamte Potential der Wasserkraft insgesamt noch besser auszuschöpfen, sei aber vor allem auch der Bund gefordert:

"Die Ungleichbehandlung der Wasserkraft im Osterpaket muss aufgehoben werden. Rund die Hälfte der deutschen Wasserkraftanlagen steht in Bayern. Der Wegfall der Förderung kleiner Wasserkraftanlagen bis 500 kW gefährdet den Weiterbetrieb von rund 4.000 Wasserkraftanlagen in Bayern.
Bessere Vergütung für kleine Wasserkraftanlagen anstelle einer pauschalen Aufhebung der Förderung.
Abschaffung der Degression – also der laufenden Senkung der Vergütung – bei Wasserkraftanlagen.
Wirtschaftlich attraktive Bedingungen für den Pumpspeicherbau und -betrieb."

"Bayern ist auch führend bei der Bioenergie. Sie passt als Ergänzung der Landwirtschaft besonders gut zu Bayern. Aktuell befinden sich rund 1,9 GW installierte Leistung im Freistaat. Bis 2030 sieht die Staatsregierung hier ein Steigerungspotential von rund 15 %", sagte Söder.

Bayern werde zur technischen Fortentwicklung der Bioenergie mit zwei hochmodernen Hof-Biogasanlagen an den Bayerischen Staatsgütern beitragen: Errichtung je einer Hofbiogasanlage an Standorten Achselschwang und Kringell (100 kW bzw. 75 kW) mit einer jährlichen Stromproduktion von 1,4 GWh. Im Fokus solle der vorwiegende Einsatz von Wirtschaftsdünger stehen.

Für eine breite wirtschaftliche Nutzung seien daneben aber Verbesserungen der Rahmenbedingungen durch den Bund erforderlich:

  • Das bisherige Ausschreibungsvolumen für Biomasse muss beibehalten werden, um die Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme im Markt zu halten.
  • Erleichterte Nutzung unbelasteter Biomasse im Rahmen des EEG.
  • Eine Förderung für Anlagen zur Einspeisung von Biomethan ins Gasnetz.
  • Erhalt des Mindeststeuersatzes für Biokraftstoffe in Land- und Forstwirtschaft.
  • Nutzung von Stilllegungsflächen für erneuerbare Energien.
  • Heizungen für feste Biomasse (z.B. Holz) sollten weiter als umweltfreundlich gelten und über die Bundesförderung für effiziente Gebäude gefördert werden können.

Bei der Geothermie ist es bayerisches Ziel, hieraus bis zum Jahr 2050 rund 25 % des bayerischen Wärmebedarfs im Gebäudesektor zu decken.

Bayern wird die nächsten technologischen Schritte der Geothermie unterstützen: Hierzu gehört insbesondere die Vernetzung der interkommunalen Projekte über Wärmeverbundleitungen, den Ausbau der Wärmenetze und Durchführung weiterer Bohr-Projekte, die industrielle Nutzung von Prozesswärme und der Ausbau der mitteltiefen Geothermie. Mittel- bis langfristiges Ziel ist dabei insbesondere auch die geothermale Erschließung Nordbayerns.

Vom Bund fordert Bayern daneben einen Masterplan Geothermie.

Bayern wird auch die Windkraft deutlich intensiver nutzen. Aktuell sind in Bayern laut Marktstammdatenregister 1.269 Windenergieanlagen mit rund 2,57 GW installierter Leistung in Betrieb. Bereits heute sind rund 0,7 % der Landesfläche für die Windkraft ausgewiesen. Das Ausbautempo in Bayern wurde bislang im Wesentlichen durch die schlechteren Windverhältnisse im Süden und durch ein benachteiligendes Ausschreibungsregime gebremst. Hinzu kamen und kommen zahlreiche Klageverfahren vor Ort, bei denen Naturschutzverbände die größte Klägergruppe bilden.

Vor diesem Hintergrund verfolgt Bayern folgende Windkraftstrategie:

  • An der bestehenden 10-H-Regelung wird festgehalten. Nur wenn die Akzeptanz beim Bürger besteht, werden die Ausbauziele verlässlich erfüllbar sein.
  • Die 10-H-Regelung wird reformiert. Dabei strebt die Staatsregierung einen Zuwachs von mindestens 800 Windkraftanlagen in den nächsten Jahren sowie eine Aktivierung eines Flächenpotentials für Windkraftanlagen in der Größenordnung von bis zu 2 % der Landesfläche an.
  •  Mit den angestrebten mindestens 800 Anlagen könnte eine zusätzliche installierte Leistung von mindestens vier GW generiert werden. Das ist mehr als zweieinhalbmal so viel wie heute.
  • Für dieses Ziel werden Ausnahmetatbestände geschaffen, bei denen der Mindestabstand auf 1.000 Meter reduziert werden soll:
    Für das Repowering.
    Für regionalplanerisch und kommunal für Windenergie ausgewiesene Flächen.
    Auf vorbelasteten Gebieten z.B. in einem Korridor entlang von Autobahnen, mehrspurigen Bundesstraßen und Haupteisenbahnstrecken.
    Für Anlagen in Waldgebieten.
    Für Anlagen zur Stromversorgung von Betrieben im Umkreis von Gewerbe- und Industriegebieten.
    Für Truppenübungsplätze.

Aber auch der Bund sei gefordert, Hemmnisse für Windkraft zu beseitigen:

  • Einsatz für eine beihilferechtliche Genehmigung der Südquoten.
  • Zügige Umsetzung der angekündigten Verbesserungen bei den nötigen Abständen zu Drehfunkfeuern und Wetterradaren.
  • Abbau von weiteren Konflikten mit der zivilen und militärischen Luftfahrt.
  • Überarbeitung der Regelungen zum Repowering, insbesondere Anpassung des Prüfumfangs.
  • Abbau bzw. Ausgleich von bundesgesetzlichen (Ziel-) Konflikten zwischen dem Natur- und Artenschutz und Erneuerbaren Energien.

Die Staatsregierung geht davon aus, dass der Bund diese Regelung – so wie Bayern sie auf den Weg bringen wird – akzeptiert und die 10-H-Regelung nicht abschaffen wird. Eine vollständige Abschaffung würde zu einem unkontrollierten Ausbau führen und vor allem den ländlichen Raum übermäßig belasten. Dies wäre für Bayern inakzeptabel und würde auch das Ziel konterkarieren, den Ausbau der Windkraft mit den Bürgern zusammen voranzutreiben.


Tags:
energie allgäu energiewende


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