Gestern kamen die europäischen Staats- und Regierungschefs zu einem weiteren Sondergipfel zusammen, um über die europäische Flüchtlingspolitik zu beraten. Die Ergebnisse kommentiert Barbara Lochbihler, außen- und menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament:
"Angela Merkel hat Recht, wenn sie klarstellt: Zäune werden keine Probleme lösen. Warum sie dann auch gestern einen Ausbau der europäischen Abschottungspolitik unterstützt, erschließt sich mir nicht.
Auf nichts anderes läuft ein Großteil der Entscheidungen des gestrigen EU-Sondergipfels hinaus: weitere Abschottung. Von einer „Verstärkung des Dialogs mit der Türkei bei der Bewältigung der Migrationsströme“ ist da die Rede. Erfahrungsgemäß bedeutet das: Der Türkei und auch den Westbalkanstaaten soll dabei geholfen werden, möglichst viele Flüchtlinge von der EU fernzuhalten. Frontex soll zudem weitere Millionen erhalten, um die Mittelmeergrenze dichtzumachen.
Selbst die kompromissloseste Abschottungspolitik wird nichts daran ändern, dass sich Menschen aus Syrien oder Eritrea auf den Weg nach Europa machen. Solange der Krieg in Syrien anhält, bedeutet mehr Abschottung nur eines: Die Flüchtlinge werden sich auf noch gefährlichere Routen begeben, die Schleuser werden noch mehr Geld einstreichen – und mehr Menschen werden ums Leben kommen. Die eigentlich notwendigen Reformen, eine Ablösung des gescheiterten Dublin-Systems oder sichere Zugangswege beispielsweise, wurden gestern nicht thematisiert.
Die beschlossene Aufstockung der Mittel für Welternährungsprogramm und UNHCR ist richtig. Zuletzt sah das Welternährungsprogramm gerade einmal 53 Prozent des Bedarfs in Syrien gedeckt, und nur 21 Prozent in der gesamten Region. In Ländern wie Jordanien oder dem Libanon waren die Tagesrationen in der Folge um die Hälfte gekürzt worden."
(pm)