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Freie Wähler- Abgeordneter Bernhard Pohl aus Kaufbeuren
(Bildquelle: Freie Wähler)
 
Kaufbeuren
Dienstag, 4. November 2014

Kaufbeurer Pohl: Dunkles Kapitel deutscher Geschichte

In Thüringen droht eine Landesregierung unter Führung der Linkspartei. 25 Jahre nach dem Fall der Mauer schickt sich die SED-Nach-Nachfolgepartei an, erstmals wieder die Macht in einem deutschen Bundesland zu übernehmen. Bundespräsident Joachim Gauck hat seine Sorge hierüber deutlich zum Ausdruck gebracht.

Bernhard Pohl, stellv. Vorsitzender der FW-Landtagsfraktion, betont in einem Schreiben an den Bundespräsident die Wichtigkeit und Notwendigkeit der von diesem ausgesprochenen Warnung: „Eine Partei, die ein Problem damit hat die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen, muss sich die Frage gefallen lassen, welchem Wertesystem sie sich verpflichtet fühlt. Wenn die ehemalige Vorsitzende Frau Lötsch den Kommunismus zum Ziel der Politik ihrer Partei erklärt, ohne dass dies parteiinterne Konsequenzen hat, muss die Gefahr für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung erkennen, die von der Linkspartei ausgeht.“

Politik und Gesellschaft in Deutschland dürfen nicht auf dem linken Auge blind sein. „Der Umstand, dass es mit dem dritten Reich eine noch schlimmere Diktatur in Deutschland gegeben hat, rechtfertigt es in keiner Weise, das Unrecht der kommunistischen Diktatur zu verschweigen, zu relativieren oder zu verharmlosen. Im Gegenteil: Gerade weil in Deutschland die Menschen im 20. Jahrhundert unter zwei schlimmen Diktaturen gelitten haben, verpflichtet uns dazu, Extremismus von rechts und links gleichermaßen entschlossen den Kampf anzusagen“, so Pohl abschließend.

 

Der offene Brief von Bernhard Pohl an den deutschen Bundespräsidenten:

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

ich wende mich an Sie mit diesem Schreiben, das ich auch sowohl gegenüber den Medien als auch auf meiner Homepage veröffentlicht habe.

Ihre kritischen Worte zu einer geplanten Koalition in Thüringen unter Führung der Linkspartei haben mir und zahllosen Menschen in Deutschland nicht nur aus der Seele gesprochen, sie waren auch immens wichtig. Während das politische Establishment offensichtlich mehr mit der Tagespolitik als mit grundlegenden Fragestellungen unserer Demokratie beschäftigt ist, haben Sie als höchster Repräsentant unseres Staates Ihrer Verantwortung folgend das ausgesprochen, was manch einer sich nicht mehr zu sagen traut oder verdrängt zu haben scheint.

Es ist schmerzlich genug, dass sich die Nach-Nachfolgepartei der SED im Deutschen Bundestag als Dauereinrichtung breitgemacht hat. Es ist alarmierend, dass sie als Juniorpartner bereits in mehreren Landesregierungen mitwirken durfte. Es ist skandalös, ja, ich gebrauche ganz bewusst dieses harte Wort, dass Herr Ramelow nun nach dem höchsten Staatsamt im Freistaat Thüringen greift.

Es genügt aber nicht, die drohende Regierungsübernahme in Thüringen zu beklagen. Wir müssen uns dringend mit den Ursachen dieses Phänomens auseinandersetzen und überlegen, was Politik und Gesellschaft falsch gemacht haben, dass es hierzu kommen konnte. Was ist schief gelaufen in der Bundesrepublik Deutschland, warum kann eine Partei nach der Macht in einem prosperierenden Bundesland greifen, deren ehemalige Vorsitzende vor noch nicht allzu langer Zeit den Kommunismus als erstrebenswertes Ziel der Politik ihrer Partei bezeichnet hat? Deren Frontmann Gregor Gysi und viele andere sich weigern, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen?

Wir haben in Deutschland eine historische Verantwortung, klar Position gegen extremistische Tendenzen in Staat und Gesellschaft zu beziehen. Dies gelingt bei der Auseinandersetzung mit den verschiedensten Formen des Rechtsextremismus in Deutschland hervorragend. Bei der Abgrenzung der Demokraten nach links jedoch offenbaren sich deutliche Schwächen und Defizite. Manch einer ist offenbar der Meinung, Gefahr für unsere Demokratie – abstrakt wie konkret -  gehe nur von rechts aus. Ein fataler Irrtum, wie die Geschichte zeigt!

Nicht minder gefährlich ist das Argument, eine intensive und schonungslose Auseinandersetzung mit der Verbrechen des Kommunismus in der DDR, in Osteuropa, in Russland und anderen Teilend er Welt relativiere die Gräueltaten der Nazi-Diktatur. Tatsächlich verhält es sich genau umgekehrt: Es wäre fatal, die Verbrechend es Kommunismus zu relativieren oder gar Tod zu schweigen, nur weil es in Deutschland ein noch schlimmeres Unrechtsregime gegeben hat. Gerade wir Deutschen müssten aus den beiden Unrechtsstaaten, die es im 20. Jahrhundert auf deutschem Boden gegeben hat, in besonderer Weise die Lehre ziehen, uns vom Extremismus jeder Art gleichermaßen entschlossen zu distanzieren.

Deutschland darf weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind sein gegenüber den Gefahren, die unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung drohen. Wer nur einseitig den Extremismus einer bestimmten Couleur geißelt, spielt damit auch – möglicherweise ungewollt – der anderen Seite in die Karten.

Wir brauchen stärkere Anstrengungen in Politik und Gesellschaft, um die Menschen gegen die Gefahr von rechts und von links gleichermaßen zu sensibilisieren. Die Diskussion, ob die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei, sollte uns Warnung genug sein. Ein Staat, der die Grund- und Menschenrechte nicht achtet, der keine Gewaltenteilung kennt und in Verwaltung und Justiz Willkür geübt hat, der ein Spitzelsystem über das ganze Volk gelegt hat und für tausende Morde an der innerdeutschen Grenze verantwortlich ist, ist eine menschenverachtende Diktatur und kein Rechtsstaat. Auch für Verharmlosungen, wonach in der DDR nicht alles schlecht gewesen sei, ist unter verantwortlichen Menschen kein Raum. Ebenso wenig können wir es unwidersprochen lassen, wenn verharmlosend von „zwei deutschen Staaten mit unterschiedlichen politischen Systemen“ gesprochen wird. Derartige Gleichsetzungen bilden den Nährboden für Vergessen, Verklärung und einer möglichen Renaissance extremistischen Gedankenguts.

Der Hinweis, die Linkspartei sei nicht verboten, weswegen man demokratische Wahlergebnisse anerkennen müsse, führt ebenfalls in die falsche Richtung. Unser Grundgesetz stellt völlig zu Recht hohe Anforderungen an die Verfassungsfeindlichkeit einer Partei. Nur deshalb aber, weil eine Partei nicht verboten ist, ist sie noch lange nicht demokratisch. Alles andere wäre im Übrigen auch fatal im Hinblick auf Parteien, die sich am rechten Rand des Parteienspektrums bewegen. Undemokratische Parteien mit den Mitteln des Rechtsstaats und der Demokratie zu bekämpfen, ist aber nicht nur legitim, sondern auch notwendig, wenn wir mittel- und langfristig unsere demokratischen Werte und unseren Staat vor extremistischen Gefährdungen schützen wollen.

Ich kann es nur nochmals betonen: Ein Bundespräsident handelt verantwortlich, wenn er vor Gefährdern und Gefährdungen der Demokratie und unserer freiheitlichen Ordnung warnt, anstatt „um des lieben Friedens Willen“ zu schweigen. Die Vorgänge in Thüringen sollten uns aufrütteln und wieder sensibel machen gegen die Gefahren, die auch von links für unser Gemeinwesen bestehen. Wer Ihnen, sehr geehrter Herr Bundespräsident, das Recht abspricht sich als höchster Repräsentant vor diesen Staat zu stellen, nimmt in Kauf, ob billigend oder nicht, dass unsere freiheitlich demokratische Grundordnung Schaden nimmt und in die Hände derer gelangen könnte, die eine andere Republik wollen.

Herzlichen Dank für Ihre klaren Worte!


Tags:
pohl linkspartei thüringen ministerpräsident


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