Deutscher Alpenverein spricht von Rekordsommer 2015
Der zweitwärmste Sommer in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ist vorbei. Auch in den Alpen war das Wetter überdurchschnittlich gut, über viele Wochen herrschten ideale Bedingungen für den Bergsport. Entsprechend liest sich die Bilanz der Sommersaison für die Hütten des Deutschen Alpenvereins: „Wir hatten etwa zehn Prozent mehr Übernachtungen als normalerweise“, sagt der zuständige DAV-Ressortleiter Robert Kolbitsch. „Über diesen rekordverdächtigen Sommer freuen wir uns natürlich. Der Ansturm auf manche Hütten bringt aber auch einige Probleme mit sich.“
Viele Hütten an der Belastungsgrenze
In einem durchschnittlichen Jahr zählt der DAV in seinen 326 Hütten rund 800.000 Übernachtungen – rund 720.000 davon fallen normalerweise auf den Sommer. Zehn Prozent mehr kamen nach vorläufigen Schätzungen im Sommer 2015 zusammen. „Ob das ein Allzeitrekord ist, steht noch nicht fest“, sagt Robert Kolbitsch. „Eines aber ist sicher: Viele Hütten kommen an ihre Belastungsgrenze.“ Betroffen sind davon vor allem leicht erreichbare Hütten in mittleren Höhen und jene an beliebten Fernwanderwegen wie dem E5 von Oberstdorf nach Meran oder am „Traumpfad“ von München nach Venedig.
Versorgung knapp, Entsorgung aufwändig
Besonders viele Gäste kamen zum Beispiel auf die Kemptner Hütte im Allgäu. „Dieser Sommer war außergewöhnlich“, sagt Wirtin Gabriele Braxmair. Gut 21.000 Übernachtungen standen am Schluss zu Buche – und damit so viele, wie es noch nie auf einer DAV-Hütte in einer Sommersaison gegeben hat. Aber nicht nur die bloße Menge ist eine Herausforderung, auch die Ansprüche der Gäste sind gewachsen. „Viele wünschen sich Doppelzimmer und eine warme Dusche“, weiß Gabriele Braxmair zu berichten. „Auf fast 2000 Metern Höhe mitten im Hochgebirge können wir das aber nur sehr eingeschränkt bieten.“ So oder so: Die Versorgung mit Wasser und Energie stößt bei rund 200 Gästen pro Tag an ihre Grenzen. Mit Blick auf die Entsorgung des Abwassers haben die Verantwortlichen bereits gehandelt: Seit diesem Sommer wird an einem Kanal gearbeitet, der die Kemptner Hütte an das öffentliche Netz anschließen soll. Kostenpunkt: 2,6 Millionen Euro.
Zehn Millionen Euro pro Jahr
Die Alpen sind das am stärksten erschlossene Hochgebirge der Welt. Die verbliebenen, technisch unerschlossenen Natur- und Kulturlandschaftsräume sind ein wertvolles Zukunftskapital – nicht zuletzt für einen naturnahen Tourismus. Eine Ausweitung der Übernachtungskapazitäten auf Alpenvereinshütten kommt für den DAV deshalb nicht in Frage – auch nicht angesichts neuer Besucherrekorde. Vielmehr gilt es, die bestehenden Hütten qualitativ weiterzuentwickeln – in erster Linie in ökologischer Hinsicht, aber auch, was die geänderten Bedürfnisse der Bergsportlerinnen und Bergsportler angeht. Außerdem gilt es, die vielfach über 100 Jahre alten Hütten in einem guten baulichen Zustand zu halten und geänderten behördlichen Auflagen zu begegnen. Pro Jahr investiert der DAV deshalb rund zehn Millionen Euro in den Erhalt seiner Hütten.
Das Zuhause in den Bergen
Ähnliche Erfahrungen wie auf der Kemptner Hütte haben auch die Wirte der kleinen Hochlandhütte im Karwendelgebirge gemacht. „Wir sind im ersten Jahr hier oben und hatten gleich eine gute Saison“, freut sich Stefan Müller und weist im gleichen Atemzug darauf hin, dass der Traumsommer auch eine Herausforderung war. „Zeitweise war es sehr trocken und unsere Quelle versiegte. Unser Auffangbecken ist für den Andrang manchmal nicht groß genug gewesen.“ Ihm und seiner Frau blieb also nichts anderes übrig als die Gäste zu bitten, Wasser zu sparen. „Das Verständnis dafür war aber wirklich groß.“ Den meisten Bergsportlerinnen und Bergsportlern ist eben klar: Eine Alpenvereinshütte ist kein Hotel. Aber genau deshalb gehen sie so gerne hin – sie sind ihr Zuhause in den Bergen.
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